Schopenhauer und der Magnetismus

Schopenhauer, den heute keiner mehr liest, hat einmal über das Geistersehen geschrieben (1851) und Mesmers Erkenntnisse zum tierischen Magnetismus gepriesen — er, den alle Welt als pessimistischen Philosophen kennt. Beschäftigen wir uns zwei Beiträge mit diesem wichtigen Mann, und manipogo versucht, es verständlich zu gestalten. 

Arthur Schopenhauer und das Mitleid - Portrait Schopenhauer2Über das Leben des Arthur Schopenhauer ist nicht viel zu sagen. Geboren wurde er 1788 in Danzig, und er machte auf Wunsch seines Vaters eine Kaufmannslehre. Dann wollte er Philosoph sein und ging nach Gotha und Weimar. 1819 erschien sein Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung. Von 1820 bis 1831 lebte und lehrte er (ein Semester) in Berlin, bevor ihn von dort die Typhus-Epidemie vertrieb, die Hegel das Leben gekostet haben soll. Von 1831 bis zu seinem Tod 1860 lebte Arthur Schopenhauer in Frankfurt. Er hatte immer einen Pudel, mit dem er am Main spazierenging, dabei Selbstgespräche führend. Er liebte übrigens die indische Philosophie und las gern in den Upanischaden.

Sein ganzes Leben hat er sich mit der Philosophie Kants auseinandergesetzt. Der Königsberger Denker hatte auch über Emanuel Swedenborg geschrieben und sich eher skeptisch geäußert. Schopenhauer legte 1851 seinen Versuch über das Geistersehen und was damit zusammenhängt  vor und gibt sich vorsichtig zustimmend. Zu Mesmer äußrte er sich geradezu enthusiastisch:

Wer die Tatsachen des animalischen Magnetismus und seines Hellsehens bezweifelt, ist nicht ungläubig, sondern unwissend zu nennen. … Der Magnetismus ist vom philosophischen Standpunkte aus betrachtet die inhaltsschwerste aller jemals gemachten Entdeckungen.

Ein klares Wort! Schopenhauer musste das sagen, denn beim Magnetismus geht es um Wirkungen zwischen Seele (Geist) und Körper, und er selbst hatte vielleicht als erster in aller Deutlichkeit dargelegt, dass seelische Phänomene den Körper beeinflussen und körperliche Empfindungen die Seele. Das nennt man psychophysischen Parallelismus, und damit ging unser Philosoph über Descartes hinaus, der zwei unterschiedliche Systeme dekretiert hatte (Geist und Körper), ohne sie groß aufeinander zu beziehen.

CIMG0604Schopenhauer geht in seinem Aufsatz intensiv auf den Traum ein. Dieser »steht da als ein völlig Fremdes«. Das Gedächtnis sei nicht mehr disponiert, und das mache ihn dem Wahnsinn verwandt; der Traum sei ein »kurzer Wahnsinn«. Der magnetische Schlaf beschäftigt ihn und das Hellsehen. Er schildert eine eigene Erfahrung. Er hatte durch eine unbedachte Bewegung ein Tintenfass umgestoßen, und seine Bedienstete sollte saubermachen. Sie berichtete, sie habe das geträumt und den Traum einer anderen Dienstmagd erzählt, die das auch bestätigte. Anscheinend war das kleine Unglück kein Zufall; es musste passieren. Schopenhauer schloss:

Alles, was geschieht, geschieht notwendig.

Er schildert auch, dass Menschen, die Geister sahen, keine Furcht hatten und wies auf die Antike hin: Der Reiseschriftsteller Pausanias hatte in Marathon das Stöhnen und die Schrei von Soldaten vernommen, die dort Jahrhunderte vorher gelitten hatten und gestorben waren. Schließlich kommt er wieder auf den Willen zu sprechen, der seiner Meinung nach als »Ding an sich« hinter allem steht und erklärte dazu:

Der Wille als Ding an sich liegt ausserhalb von Zeit und Raum.

Lore Höhn hat jenen Willen, wie er sich in der Welt äußert, für die Schopenhauer-Gesellschaft so zusammengefasst:

ufo6Das radikal Neue liegt darin, daß sie – in Umkehrung der ganzen Tradition – den Intellekt und die Vernunft für sekundär und den Willen als ein endloses, rastlos vorwärtsgetriebenes Grundgeschehen für basal erklärt. Dieses alle Erscheinungen durchwaltende Grundgeschehen birgt in seiner Tiefe eine selbstzerstörerische Eigendynamik, deren zwanghafter Charakter in dem Willensdrang nach immer Neuem hervortritt. Sch. charakterisiert den Willen als einen destruktiven Selbstlauf, der in seiner Gier nach ständig Neuem endlos immer das Gleiche wiederholt, ohne aus der heillosen Dynamik dieser Rotation ausscheren oder diese stillstellen zu können.

Morgen kommt noch etwas über Schopenhauers Pessimismus und seine Lösung aus dem Willensdruck.

 

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