Schopenhauer und die Weltverneinung

Diese Welt ist schlecht, meinte Schopenhauer, denn sie werde getrieben von einem blinden, dummen Willen, dem die Vernunft dient. Wäre diese Welt nur noch ein wenig schlechter, sie könnte nicht mehr bestehen. Der Philosoph beeinflusste damit Nietzsche und vielleicht Heidegger, viele Schriftsteller sowie Psychologen wie Freud und Jung … und vielleicht sogar die Existenzialisten und Nihilisten im 20. Jahrhundert.

Portr_t_fra_fbSehr gefallen hat mir ein Interview mit dem dänischen Literaturprofessor Søren R. Fauth vom März dieses Jahres, veröffentlicht im Blog der Schopenhauer-Gesellschaft. Der Däne ist kein Philosoph, was man daran merkt, dass er leidenschaftlich und begeistert von Schopenhauer spricht: Keine Zeile von ihm lasse ihn kalt. Fauth sagte:

Schopenhauers Denken ist so relevant wie nie zuvor …. Ich lasse es bei Stichwörtern bewenden: Humangenetik, Neurophilosophie (Kognitionswissenschaften), vor allem aber: Ökologie und Tierethik. Schopenhauers deskriptive, und insofern nicht erbauliche – weil realistische – Ethik sollte vermehrt diskutiert werden. … Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind dezidiert furchterregend: Nebst der Zerstörung unserer Umwelt ist unsere Lebensqualität immens gefährdet. Noch nie zuvor litten so viele Menschen unter Stress, Depression und Burn-Out wie heutzutage. Ich glaube fest daran, dass Schopenhauer nicht nur die Erklärungen liefert, sondern auch, dass seine einmalige, visionäre – geradezu progressive – Fusion westlicher und östlicher Philosophie die Bestandteile der heraufbeschworenen neuen Aufklärung enthält.

Es gibt eine Stelle bei Schopenhauer, die sehr buddhistisch klingt: Nimm dich nicht wichtig, wirf deine Person fort, dann kannst du gerettet werden.

SDC10396Wenn nämlich vor den Augen eines Menschen jener Schleier der Maja, das principium individuationis, so sehr gelüftet ist, daß derselbe nicht mehr den egoistischen Unterschied zwischen seiner Person und der fremden macht …, dann folgt von selbst, daß ein solcher Mensch, der in allen Wesen sich, sein innerstes und wahres Selbst erkennt, auch die endlosen Leiden alles Lebenden als die seinen betrachten und so den Schmerz der ganzen Welt zueigen muß… Er erkennt das Ganze, fasst das Wesen desselben auf und findet es in einem steten Vergehn, nichtigem Streben, innerm Widerstreit und beständigem Leiden begriffen, sieht, wohin er auch blickt, die leidende Menschheit und die leidende Thierheit, und eine hinschwindende Welt.

Für den Menschen sieht er in der Weltverneinung, also in der Askese, einen Ausweg. Durch das Neinsagen zum Willensgeschehen, durch diese Resignation entsteht Freiheit, und so werde der Wille frei zu sich. Es sei abwegig, anzunehmen, dass von der Ethik aufgestellte Grundsätze eine praktische Bedeutung für das Handeln der Menschen gewinnen könnten. Schopenhauers Maxime war:

Verletze niemanden, vielmehr hilf allen, soweit du kannst.

 

 

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