Die Frau im Koran

Ich habe hier einen Sack mit Büchern dabei, es werden wohl 30 sein. Einmal wollte ich mir den Luxus gönnen, jedes Werk mit mir zu führen, das ich irgendwie gebrauchen kann. Darunter war auch das Buch A History of God von Karen Armstrong, von 1993, und plötzlich sah ich, wie gut es ist. Frau Armstrong war bis 1969 sieben Jahre katholische Nonne gewesen und wurde dann Religionswissenschaftlerin. Interessant ist das Kapitel über den Gott im Islam und was sie über die Frau im Koran schreibt.

Heute hält man den Islam für eine frauenverachtende Religion. Karen Armstrong sagt uns jedoch, dass Mohammed für die Gleichberechtigung der Geschlechter war. Vor dem Islam, der mit der Reise des Propheten nach Medina begann, also im Jahr 622 unserer Zeitrechnung, hatte es Polygamie gegeben, und die Frauen blieben gewöhnlich im Haushalt ihres Vaters. Weibliche Säuglinge tötete man oft, und Frauen hatten etwa den Status von Sklavinnen. Mohammed lag die Aufwertung der Frau am Herzen, also verbat er den Mord an neugeborenen Mädchen und gab den Frauen das Recht auf Erbschaft und Scheidung.

Frauen sollten in der Gemeinschaft frei sprechen können, und sie wurden angehört. Der Koran begann, beide Geschlechter anzusprechen und manchmal sogar Frauen direkt. Man weiß, dass es noch im neunten Jahrhundert im Orient berühmte Asketinnen und Religionskennerinnen gab. Ich habe zu Hause das Buch Meine Seele ist eine Frau von Annemarie Schimmel, die darin von bedeutenden Frauen im Islam erzählt sowie ein Buch von Fatima Mernissi zum selben Thema. Hier kann ich alles nur aus dem Gedächtnis einbringen, aber an ein kleines Werk von Vittoria Alliata erinnere ich mich auch, Die Freiheit hinter dem Schleier. Es gibt Stimmen, nur müssen sie gehört werden.

Leider jedoch, schreibt Karen Armstrong, hätten dann Männer sich der Religion bemächtigt und die Texte auf ihre Weise interpretiert. Der Schleier war zu Beginn nur für die Frauen Mohammeds gedacht, um diese auszuzeichnen. Als der Islam in der zivilisierten Welt eine Rolle zu spielen begann, wiesen Männer Frauen an, sich zu verschleiern und im Harem zu verschwinden. Schon nach 750, in der Periode der Abbasiden, hatte sich die Stellung der Frau verschlechtert und glich der von Jüdinnen und Christinnen, und eine große Gegenbewegung gab es seither nicht mehr. Immerhin haben sich nach dem »arabischen Frühling« viele Ägypterinnen zu Wort gemeldet und gezeigt, dass es sie gibt.

 

 

 

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