Die sizilianische Vesper

Die Vesper ist eigentlich das Abendgebet der Kirche, und am Abend des 30. März 1282, einem Ostermontag, brach auf Sizilien ein Aufstand gegen die französischen Machthaber der Insel los, der blutig werden sollte und später den Namen Die sizilianische Vesper bekam. Das Volk vertrieb die Franzosen, und Peter aus Aragonien, einer Region Spaniens, wurde der neue König.

1002004000114588Schwierige Lage. Wer’s genauer haben will, kann gerne Wikipedia dazu konsultieren. Der Aufruhr scheint in Palermo und Corleone begonnen zu haben, und man sagt, weil ein Franzose einem Mädchen Gewalt antun wollte. In der ersten Nacht wurden 8000 Franzosen getötet. Die Machthaber, Vasallen von Karl I. von Anjou, hatten sich übermütig und grausam gegeben in den 14 Jahren, in denen sie Sizilien »besaßen«. Nun wurden sie alle außer Landes gejagt. Mühlberger schrieb: »So verlor Karl I. von Anjou Sizilien, das auf dem Weg über das aragonesische Königshaus wieder in staufischen Besitz kam.« Mehr noch: Er musste sich von seinen Weltreichplänen verabschieden. (Oben ein Bild zur Oper von Verdi über die Vesper.)

Am 3. Juni 1284 dann besiegte die sizilianische Flotte unter Admiral Ruggiero Loria die neapolitanische und damit endgültig die Leute aus Anjou. Befreit wurde somit nach 18 Jahren in Haft Beatrice, die Tochter Manfreds. Sie heiratete dann, wir haben es erwähnt, einen anderen Manfred, scheint aber nichts unternommen zu haben, um ihre eingekerkerten Brüder freizukriegen. Ebenfalls eingekerkert war der Sohn Karls I. von Anjou. Der Vater grämte sich darüber so, dass er am 7. Januar 1285 starb.

Danach hatte das spanische Königreich Aragón 200 Jahre lang viel Macht im westlichen Mittelmeer. Aragonien ist übrigens eine spanische Provinz, die bis zu den Pyrenäen reicht. Sie ist sehr dünn besiedelt und hat nur 1,3 Millionen Einwohner. Anjou liegt im Nordwesten Frankreichs und hat weniger als 1 Million Menschen. Sizilien wurde nach der Vesper leider geteilt; seit 1130 hatte Kalabrien zum Königreich gehört, doch 200 Jahre später schlug man es dem Königreich Neapel zu.

thjjjeuIm Zuge der italienischen Einheitsbewegung, die 1860 Erfolg hatte, war die Sizilianische Vesper ein sehr beliebtes Motiv und wurde als deren Vorläufer gesehen. Es war ja tatsächlich ein Volksaufstand (wiewohl vermutlich geschürt durch die Byzantiner) und Ausdruck einer Wut. Andere nächtliche Massen-Massaker waren von Regierungen orchestriert: etwa die Gefangennahme und Tötung der Templer in Frankreich am 13. Oktober 1307 durch Philipp II. Die Bartholomäusnacht vom 23. zum 24. August 1572, in der in Frankreich die Hugenotten getötet wurden, ging allerdings nicht direkt auf einen Befehl Karls IX. zurück, die Leute ließen sich vom Morden anstecken und brüllten »Der König will es!«

220px-Opole_Oppeln_Nowa_Synagoga_Neue_Synagoge1Die Pogromnacht vom 9. auf den 10. Novmber 1938 war von den Nationalsozialisten geplant worden. 30.000 Menschen wurden interniert. Und in Ruanda fiel nach dem 6. April 1994 innerhalb von 100 Tagen fast eine Million Menschen dem tobenden Hutu-Mob zum Opfer. Auch dieses lange Massaker wurde geschürt: Eine Radiostation und einige Politiker riefen dazu auf, die Tutsi zu töten, verglichen sie mit Ungeziefer und behaupteten, sie wollten die Hutu vernichten. (Rechts die brennende neue Synagoge von Oppeln.)

Die Nazis gingen ähnlich vor: Sie sprachen den Juden ihr Menschsein ab und erklärten sie zu eine Bedrohung für die »arische Rasse«. Die massenhafte Ermordung der Juden jedoch ging systematisch und kaltblütig vor sich, während bei den Aufständen normale Menschen wie entfesselt waren und sich von der allgemeinen Mordlust anstecken ließen. Bedrückend ist das; das eine wie das andere.

 

 

 

 

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