Der Lebenswille
Noch eine Geschichte aus dem Skalpell-und-Seelen-Buch von Hamilton. Und eine andere, die dazu passt. Die Botschaft ist: Mein Wille ist stark. Der Tod lässt sich aufschieben. Die beiden Geschichten haben noch etwas gemeinsam, das wichtiger ist als der Wille: Die beiden Hauptpersonen hatten eine dringende Aufgabe.
Louisiana Desirée Hilts war die Großmutter von Beauregard, einem Kind, das an Hydrocephalus erkrankt war. Hilts‘ Tochter, Alkoholikerin, hatte ihr Kind praktisch der Großmutter übergeben. Dr. Hamilton gelingt es, bei dem Kleinen mit seinem abnorm großen Kopf eine Besserung einzuleiten. Als Mrs. Hilts fragt, ob ihr Enkel je ein normales Leben führen würde, antwortet der Arzt: Er fürchte, nein. Ärzte wollen ja keine falschen Hoffnungen wecken. (»Was sind falsche Hoffnungen?« fragt Valerie V. Hunt. Hoffnung sei Hoffnung und positiv.) Mrs. Hilts, die tiefgläubig ist, bittet in einem Gebet vor Allan Hamilton den Himmlischen Vater um seine »Führung und Liebe«. Der Arzt beneidet sie; was er aber denkt, kann man sich denken.
Ein weiteres Problem: Mrs. Hilts hat Krebs. Er ist schon weit fortgeschritten. Sie verlangt ein Gespräch mit dem Onkologen Michelsen, der Hamilton etwas von 90 Tage Lebenserwartung sagte und der Frau selbst noch vier Monate in Aussicht stellt. Sie ist schockiert. Dann abder setzt sie zu einer Rede an, die mit den Worten endet: »Der Herr hat mir dieses Kind aus einem Grund anvertraut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dieses liebe, zurückgebliebene Kind in meine Obhut gegeben hätte, wenn er nicht beabsichtigt hätte, mich um es kümmern zu lassen. So habe ich zu Gott gebetet, er möge mich alle Ihre Chemotherapie überstehen lassen, Dr. Michelsen. Ich glaube, dass der Herr mit letztlich hilft, zu siegen. Mein Glaube darin ist fester, als Sie sich vorstellen können.«
Hamilton ergänzte: Mrs. Hilts sollte recht behalten. Beau erholte sich erstaunlich gut, entwickelte seine Intelligenz und ging zu einer Schule, wo er lernte, schöne Vogelhäuser zu bauen. Drei Jahre nach der Diagnose »vier Monate« wohnte Mrs. Hilts der Bestattung des Onkologen Michelsen bei, der sich das Leben genommen hatte. Mit 88 Jahren noch sprach sie vor einer Gruppe von Krebs-Überlebenden: »Du musst ein Realist sein, um an Wunder glauben zu können, weil du die Wahrheit nur mit dem Herzen siehst und nicht mit den Augen.«
Bei einem Fernsehinterview mit Bill Moyers um 1992 erzählte Ron Anderson, ein engagierter Arzt aus Dallas: »Mein Großvater hatte Lungenkrebs, weil er viele Jahre geraucht hatte. Als er die Diagnose erhielt, war mein kleiner Bruder gerade geboren worden. Der Krebs war im Endstadium ― Bestrahlung hatte keinen Sinn mehr, und alle meinten, er hätte noch sechs Monate zu leben. Er aber sagte: ›Ich habe alle meine Kinder und Enkel erzogen, bis sie in die Schule kamen. Ich habe ihnen meine Werte vermittelt, und ich werde auch diesem Jungen meine Werte vermitteln. Ich werde ihn auf den Schultern tragen, ich werde ihn auf die Jagd mitnehmen, und ich werde ihm alle Geschichten erzählen, die ich meinen andere Enkeln erzählt habe, und ich werde ihn zur Grundschule bringen.‹ Und das tat er. Er lebte noch sechs Jahre. Da sehen Sie, er hatte eine positive Einstellung und ein Ziel.«
am 27. Dezember 2015 um 09:54 Uhr.
Danke, lieber Mandy – die Geschichten haben mir sehr geholfen…. Regina