Die Signatur SCH

Schlag nach bei Schlag! Am Tag vor Heiligabend konnte ich noch die Bibliothek Oscar R. Schlag in Zürich aufsuchen, was ich schon lang auf meiner Liste gehabt hatte. Es ist mit seinen 26.000 Bänden die zweitgrößte Bibliothek Europas für westliche Esoterika, nach Freiburg (Bender-Institut, 60.000) und vor Amsterdam (Bibliotheka Philosophica Hermeneutica, 23.000).

Verwaltet wird die Bibliothek Schlag von der Zentralbibliothek Zürich, der der Gelehrte seine Sammlung vermachte. Die Signatur der Bücher ist SCH, die Adresse Geißbergweg 10, es ist gleich das zweite Haus oberhalb der Talstation der Rigibahn. (Schon vor einem Monat verzweifelte ich fast, weil ich das Haus nicht finden konnte. Fragte zwei Dutzend Leute. Lösung: Ich hatte an der Rigi-Bergstation gesucht, weil ich anscheinend nur den Berg kenne und kein Tal.)

Die Villa Geißbergweg 10, Zürich

Es gibt da Bücher über Alchemie, Geheimgesellschaften, Magie, Mantik, Mythologie, östliche, jüdische und christliche esoterische Traditionen, Paramedizin, Parapsychologie und Spiritismus. Man darf lesen und auch kopieren, aber nichts ausleihen. Zudem ist die Bibliothek nur jeden Mittwoch von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Anmelden kann sich, wer bei der Zentrabibliothek Zürich registriert ist (vielleicht dürfen auch andere), bis Dienstag über die Adresse bibliothek.schlag@zh.uzh.ch. Und dann wird er nett von René Schurte betreut, dem Leiter der Fachreferate Kultur- und Geschichtswissenschaften, Theologie und Religion.

Der Lesesaal

Ich schreibe einfach ab, was die Zentralbibliothek über die Geschichte der Sammlung weiß:

Seit den frühen Dreissigerjahren bis zu seinem Tod hat der Psychotherapeut und Graphologe Oskar R. Schlag (1907-1990) mit Sachverstand und Leidenschaft Bücher und Dokumente aus den geheimwissenschaftlichen Disziplinen zusammengetragen und so eine der weltweit bedeutendsten Bibliotheken auf dem Gebiet der Esoterik errichtet. Neben seltenen alchemistischen Schriften aus dem 17. und 18. Jahrhundert liegt der Schwerpunkt bei Publikationen aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Schlag war nicht nur ein Gelehrter der Esoterik und Religionswissenschaft, der ein aussergewöhnliches grosses eoterisches Wissen seiner Zeit in sich vereinigte, sondern er war auch ein Mensch mit aussergewöhnlicher medialer Veranlagung. Seit 1926 empfing er verbale Botschaften einer höheren Wesenheit, die sich »Atma« nannte. Diese protokollierten Botschaften wurden zwischen 1995 und 2011 von der Oskar R. Schlag-Stiftung im Ergon-Verlag, Würzburg, herausgegeben.
Um seine Bibliothek sowohl der wissenschaftlichen Erforschung alsl auch der allgemeinen Benutzung zugänglich zu machen, schenkte sie Schlag testamentarisch der Zentralbibliothek Zürich.(
Illustration: Büste von Schlag in einer Nische der Bibliothek)

Zu ergänzen wäre noch, dass Schlag in Osterhofen in Niederbayern zur Welt kam und ab den 1920er Jahre Séancen veranstaltete, die auch von Carl Gustav Jung, dem bekannten Psychiater Eugen Bleuler, Rudolf Bernoulli und Fritz Rene Allemann besucht wurden. Sogar der berühmte jüdische Gelehrte Gershom Scholem kam manchmal vorbei, um in Büchern bei Schlag etwas nachzuschlagen.

 

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