Gewerbegebiet

Das Gewerbegebiet steht da wie ein Ausdruck von Nicht-Geist, wie eine Zeltstadt, zwischen deren Behausungen sich Asphalt spannt. Da wird also produziert, verwaltet, gehandelt. Vor den weißen Hauskästen stehen schwere Limousinen, als seien deren Inhaber jederzeit bereit zur Flucht. Die findet statt: Wenn Dienstschluss ist.

Seltsamerweise wirken diese Gebäude genauso improvisiert und provisorisch wie die Containerkonglomerate, die man den Flüchtlingen hinstellt. Man hat das Gefühl, diese schnell aufgestellten Schutzräume mit Computern seien nur für eine gewisse Zeit gedacht. Mit Autos bewegen sich die Arbeitnehmer vom Eigenheim zur Arbeitsstelle. Stadtlagen sind zu teuer geworden, und der Turbo-Handwerker will eine Halle mit viel Platz drumherum.

Eine gewisse Trostlosigkeit zeichnet die Gewerbegebiete aus. Ein paar Bäume in Kübeln, ein paar Sträucher, ein paar Grünstreifen. In den Häusern stehen ― meist im Eingangsbereich ― ein paar verkümmerte, vernachlässigte Grünpflanzen. Blick übers freie Feld. Ein Zug fährt vorbei. In Hamburg sagt man: »Da möchte‘ man nicht tot überm Zaun hängen.« Doch der Mensch ist anpassungsfähig. Er findet sich drein. Hat dort draußen seine Ruhe. Und kann einkaufen. Es gibt immer einen Supermarkt, dessen Parkplatz vollgeparkt ist. Einen Döner-Imbiss. Eine Hähnchenbraterei.

Großer Flächenverbrauch, meist für Parkplätze. Alles zuverlässig versiegelt. Die Eigenheim-Siedlungen sehen solider aus, aber auch sie zeichnet etwas Schmatisches aus. Häuser weiß, viereckig, freilich innen luxuriös; Vorplatz grau. Zwei Autos oder drei. Das Biotop für die Kleinfamilie. Aber teuer. Schon vor fast einem halben Jahrhundert bin ich ratlos und einsam durch die Einfamiliensiedlungen Fürstenfeldbrucks gelaufen und habe mich gefragt, wo das Leben ist. Hier, auf dem Land, würde schon mein Herumlaufen auffällig sein. Gated communities. Der Bunkergedanke hat um sich gegriffen. Leute mit ähnlichen Biografien unterhalten sich miteinander. Alle wollen ja nur gut leben. Lassen wir sie in ihrem Paradies, das für mich ein Purgatorium wäre. Das Chaos ist zwar ausgegrenzt, aber dem Nachbarn entkommst du nicht. Der denkt, wie sie alle denken. Ist tolerant, aber alles hat seine Grenzen.

Jahrelang fuhr ich mit dem Rad da entlang, wo Pferde standen und nur eine riesige Wiese war. Jetzt wähle ich den Weg anders, um meine Ruhe zu haben. Alle Flächen werden nach und nach zuwachsen mit Kleinfamilien und ihren Autos, aber irgendwo sind Kuba und Haiti, Mumbai und Mexiko-Stadt. Kann man sich sowas vorstellen?

 

 

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