Robert M. Pirsig

Ich will haute mal aktuell sein, journalistisch, straff, und noch dazu auch ein wenig plaudern. Robert M. Pirsig ist vorgestern gestorben, 88 Jahre alt. (Sie werden alt, unsere Helden, Walcott wurde auch 87.) Über sein Buch Zen and the Art of Motorcycle Maintenance hatte ich im Oktober 2012 (lang ist’s her) eine Artikel-Trilogie geschrieben.

PirsigDie drei Artikel heißen Das große Geheimnis, Und noch ein Geheimnis sowie Der Kobold-Effekt. Motorradfahrer und Radfahrer sind ja Geistesverwandte, man muss es immer wieder erklären. Wir sind im Freien unterwegs, in der wilden Natur, und wir erleben Phänomene, die anderen Reisenden nicht zuteil werden. Und wir lieben unsere Fahrzeuge. (Siehe: Die Scheune der motorisierten Drahtesel.) Pirsig hatte sein Buch 121 Verlagen angeboten, bis es einer annahm. Seit 1974 verkauft es sich: ein longseller.

Der Erzähler unternimmt mit einem befreundeten Paar eine Motorradreise vom Osten in den Westen der USA, und bei ihm sitzt sein Sohn auf dem Sozius (Chris, der dann 1979 bei einem Überfall erschossen wurde; ich denke, dass sich die beiden schon wiedergetroffen haben dort drüben). Die Reiseimpressionen sind bewegend. Die begleitende Philosophie ist auch halbwegs interessant, macht die Lektüre aber etwas mühevoll. Pirsig selber hatte psychische Probleme und wurde in den 1960-er Jahren auch mit Elektroschocks traktiert. Schatten lagen über ihm. (Rechts die Rückseite meiner amerikanischen Ausgabe des Buchs von 1975.)

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Ja, es sind diese Schatten und die Rätsel unserer Existenz, die uns zu knabbern geben. Da ist mehr, als wir erahnen. Dessen bin ich gewiss. Darum hat es mich geärgert, dass im letzten Heft von Lettre international (am Freitag noch ein Beitrag dazu) Sergio Benvenuto aus Rom auf der letzten Seite (in seinem Beitrag Vipern werden abgeworfen) schreibt:

In der westlichen Welt steigt das durchschnittliche formale Bildungsniveau stetig an. Doch Untersuchungen zeigen, dass ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung an Geister, die Reinkarnation, Hexen, Telepathie, an die Kommunikation mit den Toten usw. glaubt. Wenn so viele Menschen an solches Zeug glauben ist es einfach, ihnen weiszumachen, dass …

Das hat mich wütend gemacht. Meiner Meinung nach sind die Existenz von Geistern, der Reinkarnation, der Telepathie und der Kommunikation mit den Toten eine Realität. Ich habe 25 Jahre lang darüber Bücher gelesen (Benvenuto sicher nicht) und nach vorsichtiger Abwägung geschlossen, dass kein Zweifel besteht. (Gerade vorhin gelesen: einen Bericht über eine Tagung vom Februar in London über die Besessenheit durch Geister als Ursache psychischer Krankheiten.) Benvenuto hat sich in der Lettre auf Verschwörungstheorien konzentriert, und die gibt es; doch das Wissenschaftswissen des 20. Jahrhunderts ist nicht alles. Es ist ein Schleier.

Außenseiter widmen sich seit über 100 Jahren den Gebieten an den Rändern des offiziellen Wissens und haben eine Bresche geschlagen für den, der keine Berührungsängste hat. Aber manipogo hat genug darüber geschrieben und fährt damit fort. Wir müssen uns nicht rechtfertigen; wir wissen mehr.

 

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