Die Fünf-Seen-Wanderung

Die fünf Seen oben am Pizol im Sarganserland (Kanton St. Gallen) sind weitherum bekannt. An Wochenenden begibt sich ein endloser Zug von Wanderern auf den fünfstündigen Rundweg, als gäbe es dort etwas Kostenloses. An einem Werktag hat man seine Ruhe, auch Anfang August.

Die Gondel und ein Sessellift tragen einen nach oben. Dann muss man selber steigen. Steil geht es hoch zum ersten See, dem Baschalva (2172 m). Dann über den Rücken und hinab zum Schwarzsee (2372) und weiter zum Schottensee (2335), um nach Herumgesteige in steinigem Gelände den Wildseeluggen (2493) zu erreichen, wonach die Pizol-Hütte nurmehr eine halbe Wanderstunde entfernt liegt.

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Der Start ist bei 1850 Metern Höhe, also wird man schon 800 Höhenmeter gemacht haben, und die Strecke beträgt etwa 18 Kilometer. Soweit die Daten. Die Farbe des Schottensees ist phänomenal, und ob sie nun mit Türkis richtig bezeichnet ist, weiß ich nicht. Vielleicht ist er meergrün, aber dort oben verblüfft das schon. Seen im Hochgebirge sind ja selten und von seltener Schönheit.

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Da könnte man gut einen ganzen Tag verbringen, und manche Wanderer springen auch hinein, wenngleich das zu einem Kälteschock führt. Ich war am Tag zuvor über den Klausenpass gefahren, stieg aber stoisch und streng nach oben. Zwei Tage in den Bergen, danach ist man der »taumelbunten Welt« noch mehr entfremdet als sonst schon, eine Stille ist über einen gekommen, die man ruhig wirken lassen soll.

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Wie schnell sich in den Bergen das Wetter ändert! Nebel ziehen auf, verdünnisieren sich wieder und machen sich wieder dicke. Ganz oben, waren die Berge mit Namen auf einer Tafel verzeichnet, auch Dreitausender, doch vor uns war nur eine weiße Wand. Da ist etwas, das sich ständig verändert (das Wetter) und dem wir uns unterordnen müssen; wer ständig dabei ist, die Menschenwelt zu gestalten, sollte daraus lernen.

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Warum fünf Seen? Der fünfte liegt abseits der Hütte und ist schwer zu finden, und aus unerfindlichen Gründen wurde er der Wanderung zugeschlagen. Die Fünf geht über die perfekte Vier hinaus, ist im Tarot eine unglückliche Karte, aber: die fünf Sinne. Und 70 Kilometer westlich vom Pizol wurde Paracelsus geboren. Das war in Einsiedeln im Jahr 1493. Er nennt fünf Krankheitsursprünge oder Entia: astrale, veneni, naturale (auf den Körper wirkend); spirituale und dei.

Und dann kennt man ja die vier Elemente (Luft, Feuer, Wasser und Erde) sowie die Quintessenz, eine geistige Form, die den Äther bezeichnet. Plato und Aristoteles haben sie erwähnt. Himmel verhält sich zur Erde wie die Quinta essentia zu den anderen vier, und die fünfte Essenz wirkt nur in der translunaren Sphäre, jenseits des Mondes. Das ist die höchste aller Fünfen.

022027

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