Die Nymphen und Sylphen
Das erfolgreichste Buch Paracelsus‘ wurde erst nach seinem Tod veröffentlicht: Das Buch von den Nymphen, Sylphen, Pygmaen, Salamandern und den übrigen Geistern. Dichter der Romantik schöpften daraus 300 Jahre nach dem Medicus Inspiration. Und dann war ich zwischendurch am Geburtsort des Meisters in der Nähe von Einsiedeln und habe Fotos gemacht.Der Schweizer Arzt und Magier stand noch mit einem Fuß in der alten Zeit, als der Glaube an Elementarwesen noch intakt war. Vielleicht kann man sie nur sehen, wenn man an sie glaubt. Aber es war dienlich, Ordnung in die Sache zu bringen. Nymphen sind Wasserwesen, die Sylphen gehören zum Luftreich, die Pygmaen oder Erdmännlein gehören zur Erde, die Salamandres zum Feuer. Paracelsus verwendet das griechische Wort chaos, das Wirrwarr oder Kluft bedeutet, etwa wie Atmosphäre oder Lebensumwelt. Die Pygmaen sehen durch die Erde hindurch und also auch die Sonne und das Firmament, die Nymphen sehen durchs Wasser, die Salamander durchs Feuer. Die Wasserleute haben menschliche Gestalt und Gleichmaß, die Erdleute sind ganz klein, die Salamander lang und dünn. Sie erscheinen uns »und bleiben bei uns, vermählen sich bei uns, gebären und steerben bei uns«. Sie ertragen unser Chaos, wir das ihrige nicht. Diese Wesen erscheinen laut Paracelsus auf göttliches Geheiß. Sie haben jedoch keine Seele.(Illustration: Gedenkstein für Paracelsus in der Nähe seines Geburtsorts an der Teufelsbrücke bei Egg.)
Daraus folgt aber, dass sie um den Menschen werben, nach ihm verlangen und seine Nähe suchen. Gleicherweise wie ein Heide, der um die Taufe bittet und nach ihr verlangt, auf dass er die Seele erlange und lebendig werde in Christo, so stellen sie dem Menschen in Liebe nach, auf dass sie in ein solches Bündnis kommen. Denn aller Verstand und Weisheit sind in ihnen, nur das nicht, was der Seele eigen ist, weil die Seele fehlt.
Wenn sie aber mit den Menschen einen Bund eingehen, dann verleiht dieser Bund die Seele, meint unser Autor. Es sei wie mit dem Bund, den Gott mit dem Menschen schloss: Auch er verleiht die Seele. Die Kinder der Paarung aus Mensch und Elementarwesen bekommen auch eine Seele. Aber Vorsicht: »Einer, der eine Nymphe zur Frau hat, der soll sie nicht zu einem Wasser gehen lassen und soll sie nicht auf dem Gewässer beleidigen! Ebenso wenn einer ein Bergmännlein bei sich hat, der darf es nicht an einem entsprechenden Ort beleidigen, sonst hat er es verloren.«Wenn das Wesen fort ist, besteht die Ehe dennoch fort. Wer nochmals heiratet, wird oftmals von der zurückkehrenden Nymphe geholt, denn er hat die Ehe gebrochen. Wassermenschen heiraten am ehesten Irdische, selten tun es die Erdmännlein oder die Ätnischen, die Feuerleute. Diese vulkanischen Wesen zeigen sich oft als Irrlichter, als »brennende Lichter auf Weisen und Äckern, die durcheinander und aufeinander zu laufen.«
Was ist die Ursache dieser Geschöpfe (Tractatus VI)?
Dass nämlich Gott Hüter einsetzt über die Natur für alle Dinge, und nichts ohne Hüter lässt. So hüten die Gnomi, Pygnei und Manes die Schätze in der Erde, das heißt, die Metalle und dergleichen. Wo sie sich aufhalten, da sind mächtige Schätze und gewaltige Lager. … Die Ursache für das Auftreten von Sirenen, von Riesen, Zwergen und auch Zundeln, die nichts als die von den Feuerleuten abstammenden Monstra sind, ist, dass sie etwas Neues ankündigen und Vorzeichen dafür sind. Sie hüten nicht, sie künden etwas Schweres für die Menschen an. Nämlich wo Zundeln sind, bedeutet das den künftigen Untergang des betreffenden Landes … Und was letztendlich die allertiefste Ursache ist, das ist uns verborgen. Doch wenn das Ende der Welt herannaht, dann werden alle Dinge geoffenbart werden, vom geringsten bis zum größten … Das ist zu meinen Lebzeiten noch verborgen. Selig werden die Leute sein in jener Zeit, denen alle Einsicht wird offenbar werden. … Jener Zeit befehl ich an, über meine Schriften zu urteilen, auf dass nichts verschwiegen bleibe, wie dann auch geschehen wird. Denn Gott macht das Licht offenbar d. h. ein jeder wird dann sehen, wie es geleuchtet hat.
Ich bewundere ihn ja, den Paracelsus. An einem schönen Tag im August rollte ich am Zürisee entlang, mühte mich in Pfäffikon hoch zum Etzelpass und fuhr nach Egg. Dort soll der Gelehrte in der Nähe der Tüüfelsbrugg, der Teufelsbrücke, geboren worden sein. Links sieht man sie, und das Haus zur Rechten ist das Gasthaus »Krone«, wo der Besitzer, den die Kinder Großvater nennen, einem gern ein dickes Fotoalbum hinlegt, in dem auch Artikel über Paracelsus vertreten sind. Ich wünsche mir, dass meine beiden da einmal Platz finden. Der Wallfahrtsort Einsiedeln mit der schwarzen Madonna, wo sich Paracelsus oft aufhielt, liegt nur 10 Kilometer entfernt. Von dort fing seine Odyssee durch viele Länder an, um 1541 im Osten zu enden, in Salzburg.