Im Boneshaker!
Im 20. und letzten Heft des englischen Radfahrer-Magazins Boneshaker ist tatsächlich ein Beitrag von mir drin! Die Redaktion schreibt, sie habe von a chap called Manfred (einem Typ namens Manfred) eine Mail erhalten … und tatsächlich druckten sie auf der rechten Seite meine Übersetzung ab!
Nach acht Jahren hört der Boneshaker auf, wie vermeldet. Ich kann euch das Heft nicht zeigen, aber das Titelbild sagt genug: trendy, sexy, hip, überdreht, schrill. Klingt alles blöd, ich weiß, aber das Heft trifft, finde ich, den Nerv. Das Layout passt zum Thema, und schaut euch da Hochglanz-Magazine wie Downhill an, da sind die Macher einfach zu alt und zu sehr Profis. Fehlt der Biker-Geist. Ein Zitat aus dem Boneshaker #20:
We – the cycling we – have got to recognise that we are quite strange. Most people would rather get fat, have fat children and then die young, than to get on a bike.
Mein Artikel waren die zwölf Zeilen der Drais-Hymne von 1890: Was deutsche Radfahrer so sangen, mit ihren geschweiften Schnurrbärten und ihren gestreiften Klamotten (wenn sie solche trugen), wenn sie im Krug der Stadt vor ihren Humpen mit Bier saßen und genug getrunken hatten. Dann stimmten sie die Drais-Hymne an, und ich hatte sogar von Urs Schuler, dem Lehrer, die Melodie bekommen.
So konnte ich meine Übersetzung auch singen. Und die deutsche Fassung (zwei Strophen) sangen wir (sieben Appenzellerinnen und Appenzeller und ein Bayer) unter Leitung von Urs am Grab von Drais auf dem Karlsruher Hauptfriedhof. Wir sangen die Hymne auch eines Abends im Saal nach dem abendlichen Büffett.
Von meiner englischen Übersetzung wollten die Organisatoren nichts wissen; meine französische Zeilen igorierten sie auch. dass sie in einem englischen Magazin erschienen ist, kommt einem Ritterschlag gleich. Bin mächtig stolz.
Und traditionsbewusst bin ich ohnehin. Ich finde, wir müssen den großen Männern und Frauen der Vergangenheit im Nachhinein die ihnen gebührende Ehre erweisen. Deshalb war es mir auch wichtig, nach Karlsruhe zu fahren und oft an Drais zu denken. Nun bin ich optimistisch und denke mir, mein Versepos wird wohl auch einmal gehört werden; zumindest will ich im Sommer 2018 versuchen, eine Lesung zu initiieren, um daraus vorzulesen.
Hören wir noch einmal, wie Rudi und der Historiker sich über Drais unterhalten. Und dann folgt – Anhang II – mein englischer Text der Hymne.
Rudi stößt auf den Historiker Steisbein, der auf einer Bank oberhalb des Sees sitzt und zur Menge hinüberblickt, die zu Techno tanzt.
„Nur zu“, ermuntert Rudi, „ich lerne immer gern dazu,
auch mir lässt unser Fahrrad keine Ruh.
Hohe Gedanken sind immer vonnöten;
wenn man sie nicht ausspricht oder aufschreibt, gehn sie flöten.
Ich bin Rudi, hier ist meine Hand.
Wie schön, der Pablo-Sound, wie schön, das ganze Land.“
Steisbein zögert, dann: „Zwei Laufräder stehn für die beiden Zeilen,
die im Gedicht bilden den Reim, das Rad ist nicht zu teilen,
Rudi nickt und überlegt. „Darum hat recht, wer preist
das Fahren mit dem Rad; es ist ein selig Schweben,
das ähnelt unsrer Fortbewegung in dem andern Leben,
dem nach dem Tod, in dem astrale Körper gleiten
und Engel auf den Wolken, wie getragen schreiten.
Wer’s liest, wird eines Tags es sicherlich erfahren,
drum können wir es uns ersparen,
Beweise aufzuführen. Wer Rad fährt, ist bei sich,
erfährt die Welt, blickt weit, erwartet eigentlich
die Ankunft, die Erlösung, die er, fahrend auf dem Rad,
ohne es zu wissen, schon erfahren hat.
Das sag ich nur zu dir, es klingt wie Religion
und ist es auch, in meinem Leben ist’s meine Mission,
das Leben nach dem Tod in die Erinnerung zu rufen.
Auch hinterher geht’s weiter, über viele Stufen,
doch bleiben wir für heute mal in unsrer Welt,
in der wir sind, ob uns das nun missfällt oder gefällt.
Das Fahrrad hat mir, ich bin‘s gewiss, das Leben schon gerettet,
denn es kann Lebensinhalt sein, es viele Sorgen glättet.“
Drais-Hymne
Hymn to Drais
At beginning of the century / Mister Drais for his Draisienne / Mister Drais for his Draisienne / a patent had registered; after that to France she ran / after that to france she ran. (1)
And away she went from the old continent / to America, so far / to America so far. / For the Drais-Machine, she had become / a guidable riding star. (2)
But the glory ended soon enough / she disappeared without a sound, / like a ghost, a tiger or a dove / never to be seen again around. (3)
Eighteen-sixty Frenchman Pierre Michaux / gave the tricycle its cranks, / to achieve a good rotation, so / he joined the faster driving ranks. (4)
Mister Lallement, a Michaux man / made a two-wheeler alive / even learnt to move it then / so the first bi-cyclist came to drive. (5)
They called the thing a velociped, / in all Paris it was seen. / Through all the streets it swiftly sped / round the world, what joy it’s been! (6)
Many thanks to the British and their art/ they worked hard and studied all / to improve the “velo” from the start / till we had what we a “cycle “call. (7)
They replaced the wood by British steel / with the spokes they did the same, / put the rubber on the wheel, / so the course was soft and rather tame. (8)
As the wheel behind not easily ran / it was just reduced in height / and that saved much force the cycling man / and so easier was his fight. (9)
When you drive you feel what still is amiss / there are mountains hard to climb / but ball bearings, they deserve a kiss, / and so you have a real good time. (10)
Now we had it, perfect, our two-wheel / it stood there in varnish bright / with much nickel, chrome and full of steel / over there in soft and magic light. (11)
Nothing better, nothing prouder / than the noble cyclist’s way / like the wind we go, just louder / flying past and fast away. (12)
Now stretch out your hands, my fellows / for the cyclists’ union’s weal! / From our friendship clearly follows / a deep common band, eternal seal. (13)