Schicksal der Familie Moses Bloch

Für die jüdische Familie Moses Bloch wurden Ende Februar in dem kleinen Ort Sulzburg in Baden sieben Gedenksteine in die Erde eingelassen, vor deren Haus mit der Nummer 70 (früher 176). Fünf die sieben ehemaligen Bewohner haben keine Gräber. Sie wurden von Nationalsozialisten verschleppt und starben in Gurs, in Auschwitz und in Kaunas. Die sogenannten Stolpersteine erinnern an sie.

0140131528 wurden die ersten Juden in Sulzburg urkundlich erwähnt. 1730 wurde der Ort Rabbinatssitz für die oberbadischen Juden, 1822 eine Synagoge erbaut. 1862 trat das »Gesetz zur bürgerlichen Gleichstellung der Juden« in Baden in Kraft, und zwei Jahre später stellten Juden ein Drittel der Bevölkerung: 015416 von 1200 Menschen. 1933 begannen auch in Sulzburg die Repressalien gegen die Juden, 1938 kam es zu Ausschreitungen und Plünderungen, bis im Oktober 1940 die letzten 27 Sulzburger Juden deportiert wurden – nach Südfrankreich in das Lager Gurs. »Kein Sulzburger Jude kehrte in seinen Heimatort, in sein Haus zurück«, schreibt die Evangelische Kirchengemeinde.

Die Initiative »Jüdische Spuren in Sulzburg«wurde von Donna Mosevius Levinsohn aus New York kontaktiert, die Dokumente und Fotos beisteuerte. An der Ahnentafel der Familie Moses Bloch hat sie 25 Jahre gearbeitet. Sie ist das Kernstück des Hefts Die Familie von Moses Bloch, das am letzten Sonntag im Februar im Evangelischen Gemeindezentrum vorgestellt wurde – unter reger Beteiligung von Sulzburgern und vieler auswärtiger Gäste. Am Montag dann erfolgte der Einbau der Stolpersteine, von denen es bereits 50.000 in 1300 Orten Europs gibt. Der Einfall geht auf den Künstler Gunter Demnig zurück.

Donna Mosevius Levinsohn und ihr Sohn James Michael

Donna Mosevius Levinsohn und ihr Sohn James Michael

Dora Bloch, Donnas Großmutter, wurde in dem Haus Nummer 70 geboren. Das Heft zeichnet die Lebensgeschichten der Mitglieder der Moses-Bloch-Familie nach. Dora heiratete 1921 in Sulzburg Ernst Mosevius und brachte 1923 Marianne zur Welt. Das Paar konnte in die USA ausreisen, wo Dora 1947 starb, erst 58 Jahre alt. Marianne wurde 1955 Mutter eines Mädchens: Donna Mosevius Levinsohn, die ihrerseits 1990 einen Sohn bekam. Marianne starb 1975 bei einem Autounfall.

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Alle diese Leben! Man verliert den Überblick. Fassen wir uns kurz: Neun Kinder und 18 Enkel leben heute, in der 9. und 10. Generation, noch, 300 Jahre nach dem ersten Bloch, Marx Meier, der von 1693 bis 1766 lebte. Bloch war ein häufiger Name, da gab’s am Ort mit seinem Namen den »Wolljuden« (Meier Max, 1867-1942), den »Fischjuden« (Adolf, 1861-1941), die »Lene« (Helene, 1869-1956) und den »Blochbeck« (Berthold, 1875-1933). Solomon Bloch (1868-1935) war von 1881-1900 Mitpächter des Gasthofs Zum Wilden Mann (da habe ich meinen letzten runden Geburtstag gefeiert) gegenüber der Synagoge, und vergessen wir nicht – andere Ebene – Ernst Bloch (1885-1977) aus Ludwigshafen am Rhein und sein Buch Prinzip Hoffnung.

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Die sieben Steine, zu sehen vor Haus Nr. 70, stehen für:

Moses Bloch, umgekommen 1941 im Lager Noé, 86 Jahre alt

Lina Bloch (seine Frau), 83-jährig nach den Lagern Gurs und Noé in Paris gestorben

Joseph Bloch, ältester Sohn, 1942 in Auschwitz ermordet (56 Jahre alt)

Toni Bloch (seine Frau, mit 53 Jahren gestorben)

Rosa Bloch und Martha Maria Bloch, 54 und 51 Jahre alt, beide in Auschwitz ermordet

Gustav Bloch, Zahnarzt, 50 Jahre alt, in Kaunas (Litauen) ermordet.

Ein Kommentar zu “Schicksal der Familie Moses Bloch”

  1. Donna Levinsohn

    Thank you so much, Herr Poser! It was very kind of you to write about this on your blog.

    I have one small correction: Gustav Bloch almost certainly was murdered in Kaunas; his convoy from Drancy (No. 73) was the only one that went to Lithuania and Estonia, rather than to Auschwitz.

    Thanks again.

    All my best wishes to you.

    Donna Mosevius Levinsohn