Italien mal wieder am Scheideweg

Wo die Italiener schon gewählt haben, kann ich nun nicht meine Vorschau stehenlassen. Ein Ergebnis muss her: Cinque Stelle 32,7 %, Pd 18,7 %, Lega 17,4 %, Fratelli d‘ Italia (die Berlusconi-Partei, die früher Forza Italia hieß) 14 %, der Rest zu vernachlässigen. Nun wird wie in Deutschland gerechnet. Wie kommt eine Regierung zustande?

Die Fünf Sterne ― diese undurchsichtige »Bewegung«, von einem Komiker ins Leben gerufen ― haben gewonnen, kamen jedoch nicht über 40 Prozent, was eine absolute Mehrheit bedeutet hätte. Die Rechtskoalition (Lega, FI und die kleine Fdi) schaffte die Hürde aber auch nicht, zum Glück. Wie die SPD in Deutschland schiffte die Linke, die Pd, ab.

Rom, Ausschnitt aus einem Ölbild von mir

Rom, Ausschnitt aus einem Ölbild von mir

Man braucht eine Mehrheit im Senat und im Abgeordnetenhaus. Die Bewegung Fünf Sterne würde im Senat womöglich mit den Linken, der Pd, zusammengehen, wenn Matteo Renzi beiseite träte, denn dieser und 5-Sterne-Spitzenkandidat Di Maio hassen sich. Zusammen mit der Partei Leu (angeführt von Laura Boldrini, die ich schätze: hier ein Video mit ihr, nachdem ein alter General bei einer Veranstaltung der Leu eingedrungen war und sie verhaften hatte wollen; absurd, eben Wahlkampf in Italien)  könnte es klappen. Die Sterne und Lega plus Fratelli d’Italia, das ergäbe eine bequeme Mehrheit.

Die absolute Mehrheit in der Abgeordnetenkammer sind 316 Sitze. Auch hier die beiden Möglichkeiten: Die Fünf Sterne mit Links oder die Fünf Sterne mit Rechts, beide kämen auf 377 Sitze. Was tut die Bewegung? Ich habe das nicht genügend verfolgt. Probiert sie’s mit Links oder mit Rechts? (Vorsicht: Lechts und Rinks kann man auch leicht verwechsern, schrieb Ernst Jandl.)

Nach rechts oder nach links? (Sizilien, 2014)

Nach rechts oder nach links? (Sizilien, 2014)

Ich weiß zu wenig. Ich weiß nur, dass mir Luigi Di Maio unsympathisch ist. Er wirkt wie der typische junge, aalglatte und eiskalte Karrierepolitiker, der sich als perfekter Schwiegersohn präsentiert. So einen mag man in Süditalien. Da haben sich die Fünf Sterne denn auch alles geholt, was zu holen war. Und doch ist es wahrscheinlich, dass er Ministerpräsident wird. Ende des Monats trifft man sich beim Staatspräsidenten. Mal sehen, ob die Italiener schneller eine Regierung bauen als die Deutschen. Wie lange sie dann hält, ist eine andere Frage.

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Dann: in Freiburg mit Giovanna The Shape of Water gesehen, das bei der Oscar-Verleihung der beste Film war. Er könnte auch The God of Amazonas heißen oder The Silence of Love, denn die beiden Protagonisten können nicht sprechen. Die junge Raumpflegerin (stumm) und ein geschupptes Fabelwesen (fremd), das war eine unübliche Paarung. Wie ein Märchen kommt der Film daher, und sehenswert ist er schon, aber mit Abstrichen. Wir wollten endlich einmal einen richtig guten Film sehen, doch das war er nicht.

Benicio del Toro hat einfach zuviel reingepackt und wollte zuviel. Man spürte manchmal zu sehr die Absicht, und einige Szenen waren auch überflüssig. Ich fragte mich, warum er dem bösen Sicherheitschef so viel Platz einräumte. Er folterte und quälte so vor sich hin, dass es ziemlich sadistisch wirkte. Musste das sein? Gab vielleicht den nötigen Kontrast ab. Auch die Koalition der Underdogs war etwas überzeichnet. Aber gut, es sollte halt ein Märchen sein.

Alles läuft auf ein Showdown zu, das dann unerträglich ausgewalzt wird. Strömender Regen, die Spannung steigt, noch eine Finte, noch ein Trick … Ich konnte das Ende kaum erwarten und meinte, der Film habe drei Stunden gedauert. Es waren aber nur zwei. (Giovanna empfand das nicht so.)

 

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