Biblische Vegetarier

Im Buch Daniel des Alten Testaments, im zweiten Jahrhundert vor Christus verfasst, findet sich eine Darstellung der ersten kontrollierten medizinischen Studie, die uns bekannt ist. Sie ist auch ein Beispiel für den Nutzen einer vegetarischen Lebensweise. Ich fand den Hinweis in Dylan Evans‘ Buch über Placebo, und ich glaube nicht, dass die Geschichte bekannt ist.

Im vergangenen Jahr war ich bis 30. Juni Vegetarier. In der zweiten Jahreshälfte ließ ich meinen Vorsatz wieder fallen. Aber jetzt will ich wieder standhaft sein, was nicht ausschließt, dass ich hier und dort mal eine Scheibe Wurst zu mir nehme.

Das kleine Buch Daniel mit seinen 14 Kapiteln beginnt so: König Nebukadnezar aus Babel besiegte König Jojakim aus Juda. Der neue König verfügte nun, dass sein oberster Kammerherr Aschpenas schöne israelitische Knaben aus dem Adel ausbilden sollte, damit sie in königliche Dienste treten könnten. Sie sollten drei Jahre lang unterrichtet werden und täglich die Kost der königlichen Tafel sowie den Wein, den auch der König trank, genießen. Unter den Jungen waren Daniel, der spätere Prophet und Traumdeuter, außerdem Chananja, Mischael und Asarja.

Vermutlich kannte Daniel aus seinem Elternhaus spezielle Regeln und wollte koscher essen. Die Speisen und der Wein beim König behagten ihm nicht.

Da fasste Daniel den beherzten Entschluss, sich an der königlichen Kost und am Wein von dessen Tafel nicht zu verunreinigen. … Gott ließ Daniel bei dem königlichen Kammerherrn Gunst und Gnade finden. Allerdings sagte der oberste Kammerherr zu Daniel: »Ich fürchte nur, dass mein Herr, der König, der ja Speise und Trank für euch festgesetzt hat, euer Aussehen schlechter findet als das der anderen Knaben eures Alters; dann wäre durch eure Schuld mein Kopf beim König verwirkt.« (1,8-10)

Was tun? Daniel schlägt dem Mann einen Versuch vor:

»Versuche es doch einmal zehn Tage lang mit deinen Knechten! Man gebe uns nur Pflanzenkost zu essen und Wasser zu trinken! Dann magst du unser Aussehen mit dem jener Knaben vergleichen, die von der königlichen Speise essen. Je nach deinem Befunde verfahren wir dann mit deinen Knechten.« Er willfahrte diesem ihrem Wunsche und versuchte es zehn Tage mit ihnen.

Freilich hätte man die Vegetarier unter Kontrolle halten müssen, um sicherzugehen, dass sie nicht nebenher oder in der Nacht Fleisch oder Ergänzungsmittel zu sich nehmen. So ganz wasserdicht ist die Studie nicht, die aber ein voller Erfolg wird.

Nach Ablauf der zehn Tage sahen sie besser und wohlgenährter aus als alle anderen Knaben, die sich von der königlichen Tafel nährten. So ließ denn der Aufseher die ihnen zugedachte Kost und den Wein, den sie trinken sollten, fortschaffen und verabreichte ihnen nur Pflanzenkost. Diesen vier Knaben nun schenkte Gott Einsicht und Weisheit für jegliches Schrifttum und Wissensgebiet. Daniel hatte auch Erfahrung in der Deutung von Geschichten und Träumen aller Art.« (1,15-17)

Die Vier bewähren sich und treten in den königlichen Dienst. Den üblichen Zeichen- und Sternendeutern waren sie zehnmal überlegen. Nach zwölf Jahren hatte dann Nebukadnezar einen Traum, und Daniel deutet ihn … Mit der vegetarischen Lebensweise hat das vermutlich nichts zu tun, aber der Versuch ist ein schönes historisches Beispiel, das man immer ins Feld führen kann, wenn jemand über Vegetarier herzieht.

 

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