Vom Verschwinden der DDR (1): Plattgemacht

In diesem Jahr jährt sich zum dreißigsten Mal der Mauerfall, und ich dachte mir, eine kleine Serie zum Verschwinden des Staates Deutsche Demokratische Republik wäre angebracht. Immer am neunten eines Monats — und wir fangen mit dem 9. März an, wobei mir auffiel, dass dies einmal ein wichtiger Tag für mich war. Darum ein paar persönliche Worte, zur DDR und dpa. 

Wir hatten ja im Großraum der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg lange Zeit mit den Montagdemonstrationen zu tun. Ab 1986 gab es montägliche Friedensgebete in Leipzig, die im Herbst 1989 dann groß wurden. Aber mich ließ das alles kalt. Der Oberbayer lebt in seiner eigenen Welt, und sogar erst mit 30 Jahren fuhr ich zum ersten Mal nach Franken. 1984 waren wir mit der Journalistenschule einmal in Berlin (Ost) gewesen, mehr war da nicht. Es war halt ein fremder Staat, der im Osten, der sich abgeschottet hatte. Ich erinnere mich aber an ein Video über DDR-Rockmusiker, das mir nachhaltig in Erinnerung blieb. Sollte ich mal wieder anschauen.

Das Wochenende des Mauerfalls verbrachte ich mit einer Freundin in Bern. Das war symptomatisch. Und irgendwie hatte mein Niedergang in der Firma mit der DDR und dem Irak-Iran-Krieg zu tun, die Lage trübte sich ein, ich verlor an Kredit. Die Geschichte muss auf manipogo einmal erzählt werden. Ich schrieb intensiv und neben der eigentlichen Redakteursarbeit über Rockmusik, was damals vor 30 Jahren mehr als heute ein seltsames Ding war für die gestandenen Redakteure. Ein gewisser Alkoholkonsum spielte eine Rolle, und obwohl ich (wie ich meine) ein glanzvoller Schreiber war, kam ich auf keinen grünen Zweig.

Im Gegenteil: Die Leute von der Führungsetage wollten mich loswerden. Da war ein Redakteur in Südamerika, der brauchte einen Platz in der Zentrale, und mein Platz schien richtig zu sein. Nur begriff ich nicht richtig, dass man mich abservieren wollte. Die anderen durften mal vier Wochen in Wien arbeiten oder bekamen einen anderen kurzfristigen Einsatz, ich nicht. Das schleppte sich so dahin, mein Chef konnte mich nicht leiden, und dann ergab sich eine Schwangerschaftsvertretung in London. Wäre perfekt für einen Rockmusik-Fan! Aber das Engagement ging an eine junge Kollegin, die nicht mal richtig Englisch konnte. Das war natürlich eine gegen mich gerichtete Aktion, ein Versuch, mich psychisch zu vernichten. Ein Mordversuch. Wäre fast gelungen. Ich kündigte jedenfalls. Der 9. März 1991 war mein letzter Tag im Großraum. Schrecklich.

Die DDR war schon sechs Monate zuvor hinübergegangen. Am 3. Oktober 1990 um 0 Uhr hatte der Staat völkerrechtlich aufgehört zu existieren. Hinterher wird aufgeräumt und darüber nachgedacht. Das mit dem Journalismus war bei mir ein großes Missverständnis, denke ich mir nun. Wer kann schon das ewige Politgequatsche und die Verlautbarungen des Lokaljournalismus ertragen? Der Journalist ist ein Knecht der verwalteten und verwissenschaftlichten Welt. Ein paar Kultur-Radiosender sind gut …  aber wenn ich nach langer Zeit  wieder reinhöre in die Informationen des Deutschlandfunks, dann ertrage ich das kaum. Die angebliche Relevanz einer Ausstellung; O-Ton aus Venezuela; die deutsch-türkischen Beziehungen aus Berlin, von einer jungen Autorin im Maschinengewehrton runtergehämmert, so viele Wörter, ich musste mir die Ohren zuhalten! So viel Irrelevanz des Aktuellen. So weit bin ich.

80 Prozent von all dem Angebot braucht man nicht. Ich arbeitete in den 1990-er Jahren noch ein paar Wochen im Freiburger dpa-Büro mit, aber dann hielt ich mich von diesem Gewerbe fern. Abgehauen vom Journalismus. Abgehauen. Und um dieses Buch von Manfred Krug geht es im nächsten Beitrag am 9. April.

 

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