Arnolphe: sprachlos

Die Schule der Frauen von Molière (1622-1673) ist köstlich, und man hat es schnell gelesen. Damals gegen Ende des 17. Jahrhunderts war alles in Reimen geschrieben, und das muss man erstmal ins Deutsche kriegen. Rainer Kohlmayer hat es, glaube ich, geschafft, aber ich übersetze gern selbst, aber nur ein paar Stellen, die die Komik auf die Spitze treiben.

lombroso2Arnolphe, ein begüterter Bürger, hatte eine Idee. Um zu verhindern, dass eine Frau ihm das Wasser reicht, ließ er Agnès im Alter von vier Jahren einsperren, damit sie doof bleibt. Viele Jahre später darf sie raus, um ihn zu heiraten. Allerdings hat sich der junge Horace schon vorher Zugang zu den Gemächern und ins Herz des Mädchens verschafft. (Horace zieht Arnolphe ins Vertrauen, nicht ahnend, dass er seinen Nebenbuhler vor sich hat.)

Um Agnès die Ehe zu schildern, hält Arnolphe eine Rede mit seiner Version: Die Frau sei immer die Untergeordnete, sie dürfe ihren Mann nicht mal anschauen und müsse immer schön brav sein. Das versteht er wohl als Schule der Frauen. Agnès, und das ist schön, ist naiv auf gute Art. Sie begreift nicht den Sinn von Verstellung und Diplomatie; sie sagt, was sie meint und entwaffnet damit Arnolphe.

Lyttleton1874-1AGNES:
Ja aber, wir sind unter uns, darum ich sag:
Für die Heirat ist er eher nach meinem Geschmack.
Bei Euch ist die Ehe ein recht schlimmes Joch,
Eure Rede malte ein Schreckensbild doch!
Und er dagegen schildert sie voller Freuden,
so dass man schon die Glocken hört läuten.

Arnolphe wütet, bezeichnet sie als Verräterin, setzt dann zu einem Monolog mit gedämpfter Leidenschaft an, der mit dem Satz endet:

ich beweise euch meine Liebe, geballt!
AGNES:
Ach, was ihr da redet, das lässt mich kalt.
Horace sagt in bloß zwei Worten viel mehr.
ARNOLPHE:
Das ist zuviel, Ihr beleidigt mich sehr!

Horace und Agnès werden nach weiteren Verwicklungen ein Paar. Und Arnolphe … fällt nichts mehr ein. Er ist sprachlos.

 

Illustrationen: Links oben Cesare Lombroso, vielleicht tut man ihm Unrecht; rechts Kathy Littleton, in die der Parapsychologe Myers mal verliebt war.

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