Die Helfer

Zermatt und das Matterhorn brachten mich wieder zum Alpinismus zurück, dessen paranormaler Seite ich mich von 1995 bis 1999 widmete. Ich war ja am Freiburger Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene tätig, dessen Bibliothek seinesgleichen sucht, und das Bergsteigen (von mir nie ausgeübt) interessierte mich, den Münchner. Jetzt soll es um überirdische Helfer in den Bergen gehen, in weiteren Beiträgen um jenseitige Helfer im Bergwerk und später auf See — aus einem Buchmanuskript, an dem ich (on and off) seit 10 Jahren dran bin.

In dem Band Halluzinationen und Grenzerfahrungen im Alpinismus (erschienen 1998 in München) habe ich ein paar Geschichten erwähnt. Ich war damals jedoch, beeinflusst durch den Geist am Institut, eher skeptisch und gleich bereit, eine gesehene Gestalt für eine Halluzination zu halten. Hilary Evans (1929-2011), ein englischer Forscher und Bildarchivar (ein wunderbarer Mensch, hätte ich ihn nur einmal in London besucht!), erhielt 1959 einen Brief von der Oberstenwitwe Elsa Schmidt-Falk aus Bad Aibling. Ich zitierte daraus in den Halluzinationen (S. 21):

service-pnp-cph-3b30000-3b32000-3b32400-3b32425rSie werden verstehen, dass dies eine recht schwere Bergtour ist, aber es gibt einen guten Weg hinauf wie auch hinab, doch darf man ihn nicht verfehlen, wie es mir passiert ist. Ich war ein bißchen spät zum Abstieg aufgebrochen, das Licht schwand langsam, und plötzlich fand ich mich in einer wirklich gefährlichen Lage wieder. In der Tat ist ein Jahr später ein junges Mädchen exakt an dieser Stelle zu Tode gestürzt, an der ich mich in einer fast aussichtslosen Lage befand. Auf einmal sah ich eine Art großen Lichterball, und er nahm die Form eines großen, ziemlich chinesisch aussehenden Herrn an. Erstaunlicherweise hatte ich kein bißchen Angst, und ich war auch nicht überrascht; es kam mir alles ziemlich natürlich vor. Der Herr verneigte sich, sprach ein paar Worte, führte mich zu einem kleinen Pfad zum Touristenweg und verschwand als Lichterball.

Die Frau soll Umgang mit Hitler gepflogen sowie an die Arier und deren Ursprung in Tibet geglaubt haben, doch was sagt uns das? Sie genoss anscheinend Wohlwollen, ihr wurde geholfen. Erklären lässt sich das nicht. Tausend anderen wurde nicht geholfen; jemand verpasst ein Flugzeug, das später mit 150 Menschen an Bord abstürzt … warum kam gerade er (oder sie) davon? Es wird einen Grund haben. Andere sagen natürlich: Zufall. (Illustration: Chinese, aus der Sammlung Yudin, Library of Congress, Wash. D. C.) — Noch eine Geschichte, die Joseph Banks Rhine bekam, allerdings aus dem Flachland:

Im Ersten Weltkrieg gelang es einem kanadischen Kriegsgefangenen zu entkommen, und schließlich erreichte er nachts und während eines Schneesturms eine Stelle, an der eine Straße nach Holland und vermutlich in Sicherheit führte, die andere zu einer ziemlich sicheren Gefangennahme. Er zögerte, dann entschied er sich für eine der Straßen. Plötzlich erschien vor ihm die Gestalt seines Bruders, völlig klar und lebensecht, die zu ihm sagte: »Nein, Dick, nicht diese Straße! Nimm die andere Straße, du verdammter Narr!« Daher wählte der Entflohene den anderen Weg und kam in Sicherheit.

Der breite Weg, der in die Hälle führt und der gewundene, enge für den Himmel … aber manchmal wird es nicht so klar, welcher der richtige ist. Ich hatte das damals als eine »Schöpfung der Psyche in großer Gefahr« bezeichnet. Es mag ja sein, dass man in die Zukunft blicken kann und mehr weiß als das bewusste Ich, doch das Eingreifen des verstorbenen Bruders halte ich für schlüssiger. — Schließlich noch der Auszug eines Briefes, den eine Frau dem Erzähler H. C. Moolenburgh zukommen hatte lassen, in den Halluzinationen auf Seite 36:

046Bis dahin war es ein strahlender Tag gewesen, aber ziemlich schnell verschwand die Sonne. Der Himmel wurde dunkelgrau. Bevor es ihnen richtig klar wurde, gingen sie auf einem vereisten Weg, der am Rand eines tiefen Abgrunds entlangführte. … Dann verschwand der Weg völlig, und es lag eine riesige Eisfläche vor ihnen, über die sie hinweg mussten, um zur Seilbahn zu gelangen. (…) Sie hatte große Angst und bat leise: »Gott, hilf uns bitte.« In dem Moment hörte sie hinter sich knirschende Schritte auf dem Eis. Das hat uns gerade noch gefehlt, dachte sie irritiert, dass wir jetzt auch noch von hinten gehetzt werden! Deshalb rief sie auf Deutsch dem Nachfolgenden zu, dass er sich nicht von ihnen aufhalten lassen und vorbeigehen solle. Da hörte sie hinter sich eine sanfte, eindringliche Stimme, die ebenfalls auf Deutsch sagte: »Ich will Ihnen nur helfen.« Von der Stimme ging eine enorme Ruhe und Liebe aus, und die Frau antwortete sofort: »Oh, gerne, helfen Sie mir bitte.«

Dann fühlte sie zwei Hände, die sie an beiden Armen von hinten festhielten, und in kürzester Zeit hatten sie die gefährliche Eisfläche überquert. Es schien nicht länger als ein paar Sekunden gedauert zu haben. Die Hände ließen sie los, und sie sagte aus tiefstem Herzen: »Ich danke Ihnen.« Dann schaute sie sich um, und es war niemand zu sehen. Nur die völlige Leere der einsamen Berglandschaft.

Muss ein Engel gewesen sein. — Morgen weitere Geschichten, diesmal aus Briefen an mich.

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