John Waynes Geist
John Wayne kennt man, Errol Flynn weniger, aber beide sollen auf ihren jeweiligen ehemaligen Yachten spuken, was eigentlich zuviel gesagt ist. Sie sind anwesend, man spürt sie, und sie tun einem nichts zuleide. Richard Winer hatte in seinem Buch Ghost Ships (2000) ein Kapitel über Berühmtheiten, das mir gefiel. Vielleicht ist ihr Spuk ja schon vorbei und sie haben sich ins Licht abgemeldet; wir wissen es nicht. Der Text ist aus meinem Manuskript Geister und Schiffe und Geisterschiffe.
Der australische Schauspieler Errol Flynn (1909-1959) war nicht nur ein großer Frauenheld, sondern auch ein begeisterter Segler. Beide Passionen schließen einander nicht aus; und so nutzte der Beau seine Yacht Sirocco zu Orgien, auch während des Zweiten Weltkrieges, zu dem er wundersamerweise nicht eingezogen wurde. Nach dem Krieg ersetzte Flynn die Sirocco durch einen 40 Meter langen Schoner, die Zaca. Die Hollywoodstars John Barrymore, David Niven und Gary Cooper waren auf ihr zu Gast nebst vielen Frauen. Richard Winer formuliert so schön, Flynns zweite Frau Nora Eddington habe nach eigener Aussage die glücklichsten Momente auf dieser Yacht erlebt, bis sie entdeckte, dass auch andere Frauen auf der Zaca ihre glücklichsten Momente erlebt hatten. Flynn selber, so Winer weiter, erlebte die letzten glücklichen Momente seines Lebens mit der 16 Jahre alten Beverly Aadland. Am 14. Oktober 1959 wollte er sich kurz unter Deck niederlegen, brach dort zusammen und starb an einem Herzinfarkt.
Auch seine engsten Bezugspersonen hatten wenig Glück. Die Eltern von Errol Flynn starben kurz nacheinander: die Mutter bei einem Autounfall, der Vater an einem Gehirnschlag. Flynns Sohn Sean verschwand als Fotograf in Vietnam. Die Zaca wurde verkauft, mitsamt Flynns Flagge, einem Fragezeichen auf einfarbigem Hintergrund. Mehrmals wurde der Schatten des Schauspielers auf dem Schiff gesehen, meist zwischen der Dämmerung und dem Morgengrauen. Jemand sah ihn ins Wasser springen. Der Besitzer einer Yacht, der eines Abends nahe der Zaca lag, hörte das Gelächter von Frauen, Musik und Männerstimmen. War es die Szene einer früheren Orgie, die auf diese Weise wiederholt wurde oder etwa eine feiernde Geistertruppe mit Errol Flynn an der Spitze? Die Berichte häuften sich so sehr, dass man vor Weihnachten 1978 in einer Kirche anhand eines Modells der Zaca einen Exorzismus durchführte.
Auch der große Westerndarsteller John Wayne (1907-1979) liebte das Meer und das Segeln. Sein Schiff war die Wild Goose, ein ehemaliger amerikanischer Minenräumer aus Holz, 45 Meter lang. Wenige Wochen vor seinem Tod verkaufte Wayne das Schiff an einen Anwalt aus Santa Monica in Kalifornien. Wayne starb zwar nicht auf dem Schiff, doch er liebte es wohl über alle Maßen, und so nahmen auch viele Besucher seine Gegenwart wahr. Es ist immer noch ein Rätsel, wie jemand die Gegenwart eines bestimmten Menschen spüren kann, obwohl man ihn weder sieht noch hört. Witwen sagen oft, dass sie ihren Ehepartner in ihrer Nähe spüren. Der neue Besitzer gab zu Protokoll, John Wayne sei auf dem Schiff überall, wo er hinschaue. »Manchmal, wenn ich in seinem Bett schlafe, wache ich um zwei Uhr oder drei Uhr morgens auf und weiß genau, dass er da ist.« Ob es mehr gäbe als nur das Gefühl? wollte Richard Winer von ihm wissen.
Ja, ein Gast habe um drei Uhr morgens zehn Meter von ihm entfernt einen Schatten an der Reling wahrgenommen. Er sprach die Gestalt an, die sich aber in die Dunkelheit zurückzog und verschwand. Niemand sonst war an Bord, und der Inhaber schlief selig im Bett, in dem einstens John Wayne geschlafen hatte. Die Erscheinung war stattlich gewesen, fast zwei Meter groß, also ziemlich genau die irdische Erscheinung des Schauspielers, den man auch »Duke« nannte. Der Besitzer der früheren Wild Goose meinte auch, als er manchmal nach einigen Tagen auf das Schiff zurückgekehrt sei, müsse jemand in der Zwischenzeit in Waynes Bett geschlafen haben, da sich dort ein Eindruck abzeichnete.
Einmal hängten sie Hurrikanlampen auf. John Wayne hatte immer etwas gegen sie, weil er mit dem Kopf dagegenstieß. »In jener Nacht«, sagte der Anwalt, »hatte ich Schwierigkeiten, einzuschlafen. … Ich wachte um drei Uhr morgens auf, und die Anwesenheit von John Wayne in dem Raum war sehr stark. Nie zuvor hatte ich seine Präsenz als so stark empfunden. John Wayne war da, ich wusste es. Ich stand auf und ging herum, und es war, als würde er mir überall hin folgen.« John Wayne, sagt der Autor, glaubte an das Leben nach den Tod. Sein liebster Trinkspruch sei gewesen: »Mögest du für immer leben … und die letzte Stimme, die du hörst, die meine sein.« Seine Frau meinte später, sie hätte alles getan und alles gegeben, um ihn zurückzuholen, sogar ihr eigenes Leben.
Illustrationen: Bilder aus dem Internet, Ausschnitte daraus und etwas geisterhaft verfremdet durch Photoshop