Das „Heimat-Bundle“
Meine Mutter ließ mir eine ganze Zeitungsseite zukommen, die nun schon sechs Wochen alt ist. 5. Dezember, man hatte Adventsgefühle und titelte: Ein himmlisches Paket. Unterzeile: »Geschenkidee. Schickes Design, spannende Nachrichten: Das Heimat-Bundle vereint die Stärken des neuen iPad der vierten Generation und der digitalen Zeitung. So attraktiv ist das e-Paper der Augsburger Allgemeinen«
Ich glaube, der einstige Ministerpräsident Edmund Stoiber prägte den Spruch von Laptop und Lederhose. Er wollte Bayern modern haben und vorn dran in der Zeit. Auch Politiker verstehen natürlich etwas von Alliterationen, genauso wie Journalisten. Das ist eingängig. Wahn und Wahrheit. Sinn und Sumpf.
Die Augsburger Allgemeine goes also auch Internet. Seit langem schon. Sie heißt nun auch nicht mehr Augsburger Allgemeine Zeitung. Wikipedia entnehme ich, dass Johann Friedrich Cottas Allgemeine Zeitung ein Vorläufer war und von 1807 bis 1882 in Augsburg erschien. Heinrich Heine hat ab 1832 als Paris-Korrespondent für die Allgemeine gearbeitet. Neun Zeilen widmet Wikipedia der großen Geschichte, 18 Zeilen dafür dem Internetauftritt des Blattes seit 2001.
Wenn man die Werbeseite überfliegt, merkt man, wie kompliziert es sein kann, eine Zeitung zu lesen. Früher hat man sie einfach aufgeschlagen. Meine Mutter hat mit untrüglichem Gespür, und ich bewundere sie dafür, genau das Zitat angestrichen, das ich auch ausgewählt hätte, weil es alles sagt. Vor drei Jahren wären diese Sätze völlig unverständlich gewesen. Was Heinrich Heine wohl zu ihnen sagen würde?
»Die e-Paper-App bringt die digitale Ausgabe der Zeitung auf moderne Smartphones und Tablets wie das iPad. Sie läuft auf gängigen Android- und Apple-Geräten und lässt sich kostenlos im Google-Play Market und im App-Store herunterladen.«
Ein heutiger Schüler würde sich nur über mein Mich-Wundern wundern. Ist doch alles klar, Alter. Was hast du denn? Er würde sich höchstens über Heinrich Heines Sätze wundern, die mit den vielen Semikolons. So wie er wollte ich immer schreiben. Die Augsburger dagegen schreiben: »Ein Beispiel: Sie sind Abonnent der Schwabmünchner Allgemeinen und wollen dieses auch im e-Paper oder in der e-Paper-App lesen – kein Problem, das kostet Sie lediglich 3,99 Euro im Monat.« Der Hintertupfinger Anzeiger ist dann vielleicht für 0,99 Euro zu haben, kein Problem.
Darauf bin ich gekommen, weil da seit Monaten vor meinem Bildschirm unschuldig ein Bierfilz (»a Bierfuiz’l«) der Brauerei Andechs liegt, nun schon benutzt, darum im Scan auch nicht mehr taufrisch. Neben dem vollen Weißbierglas und unter den suggestiven Werbewörtern ist ein seltsames Symbol aufgeführt, das von den Mayas stammen könnte und vielleicht uralte Zaubersprüche enthält. Darunter steht klein QR-Code scannen & mehr erfahren. Ist das auch eine App? Oder bin ich, der das nicht weiß, ein Depp?