Anekdoten von Philosophen

Philosophen und Wissenschaftler pflegen ihre eigene Sprache und leben in ihrem System. Auch sie gelten als zerstreut (das Schicksal vieler, die von einem Thema beherrscht werden) und als sonderbar, mehr noch als die anderen vorgestellten Künstler, da ihre Werke viel Hingabe vom Leser verlangen. Der Leser, der Philosoph: Wie immer sind die Männer unter sich.

Ein junger Gelehrter fragte den alten Immanuel Kant (1724-1804), warum er nie geheiratet hatte. »Damit, junger Mann, ist es mir ergangen, wie es einem richtigen Philosophen gebührt. In jungen Jahren, als ich eine Frau hätte brauchen können, da konnte ich keine ernähren. Und jetzt, da ich eine ernähren könnte, kann ich keine brauchen.«

Georg Christoph Lichtenberg (1742-1799) traf einen Freund, der an der Weltumsegelung James Cooks teilgenommen und Südseeinseln besucht hatte. Dort gebe es immer noch Menschenfresserei, berichtete der Mann. Lichtenberg nahm diese Berichte gelassen hin: »Unsere Kultur ist dagegen wirklich fortgeschritten«, meinte er. »Wir fressen einander nicht, wir schlachten uns bloß.«

Bekannt ist die Anekdote um Georg Wilhelm Hegel (1770-1831), der auf dem Gymnasium in Tübingen mehrmals angeheitert sein Zimmer erreichte. Sein Betreuer meinte dazu: »O Hegel, du saufsch dir g’wiss noch dein ganz bissle Verstand vollends ab!«

Noch auf dem Sterbebett beklagte sich Hegel darüber, dass er von allen seinen vielen Schülern eigentlich kaum verstanden worden sei. »Niemand hat mich wirklich verstanden«, jammerte er, »außer Rosenkranz, und der verstand mich auch nicht.«

Ein Motorhistoriker schrieb über das Patent für den Viertaktmotor, das Nikolaus Otto (1832-1891) im Juni 1867 angemeldet hatte: »Es ist eines der berühmtesten und kuriosesten Patente. Es beruht auf einem Irrtum, kam unter falschen Voraussetzungen zustande und hatte doch die größte Auswirkung, die je ein einzelnes Patent gehabt hat.«

Emil Hermann Fischer (1852-1919) wurde von dem Schriftsteller Hermann Sudermann (1857-1928) auf sein Schlafmittel Veronal angesprochen. Er rief aus: »Sie haben mich gerettet! Ich brauche es nicht einmal einzunehmen, es genügt schon, es auf meinem Nachttisch liegen zu haben!« Darauf erwiderte Fischer unmutig: »Das ist ein merkwürdiges Zusammentreffen. Wenn ich schwer einschlafe, greife ich zu einem Ihrer Romane. Das wirkt schon, wenn ich das Buch auf meinem Nachttisch liegen sehe!« 

Da taucht doch eine Frau auf  — und (männliche) Missverständnisse sind garantiert. Lise Meitner (1878-1968) sprach bei ihrer Antrittsvorlesung an der Universität Berlin über »Probleme der kosmischen Physik«, und in einem Artikel einer Zeitung wurde am nächsten Tag das Thema »Probleme der kosmetischen Physik« daraus. 

einsteinbikeAlbert Einstein (1879-1955) lieferte viele Anekdoten. Seine Studenten in Princeton fragten einmal, wie man die drahtlose Telegraphie erklären könnte. »Stellen Sie sich vor«, sagte Einstein, »ein Dackel wäre so lang, dass er von New York nach London reicht. Wenn Sie ihn nun in New York in den Schwanz kneifen, so jault er in London. Das ist Telegraphie. Drahtlose Telegraphie ist dasselbe ohne Hund.«

Reporter wollten wissen, woran der Gelehrte gerade arbeite. Er sagte, er bereite eine Erweiterung seiner Feldtheorie vor. Wann diese veröffentlicht sei? »Ach, das geht schnell«, meinte Einstein. »Ich schreibe einfach eine Postkarte an Lorentz, dem Planck habe ich es schon gesagt!«

Princeton hatte ein neues Teleskop mit Fünf-Meter-Spiegel. Es diene dazu, die Dimensionen des Weltraums auszumessen, erfuhr Einsteins Frau, die meinte: »Seltsam, mein Mann macht das auf der Rückseite alter Briefumschläge.«  

Hermann Graf von Keyserling (1880-1946) verwechselte auf penentrante Weise die Namen von Teilnehmern an einer Tagung. Ein junger Mann wies ihn diskret darauf hin. Keyserling störte das kaum: »Oh, junger Mann, auf mein Gedächtnis kann ich mich stets peinlich genau verlassen. Es gibt eigentlich nur drei Dinge, auf die ich mich mitunter schlecht besinnen kann. Das eine, da haben Sie ganz recht, sind die Namen einzelner Personen. Das zweite — nun ja, Gesichter erscheinen mir des öfteren fremd, auch wenn ich die Person eigentlich dem Erinnern nach kennen sollte. Und das dritte … ja, ach … Tut mir leid, was das Dritte war, an das ich mich nicht erinnern kann, ist mir gerade entfallen.«

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