Anekdoten von Wissenschaftlern

O Gott! Hatte 3 Beiträge vorbereitet und sehe nun, dass ich sie schon 2015 hatte! Dreht sich manipogo im Kreis? Werde ich senil? Also wieder Anekdoten. — Brecht schrieb, Wissenschaftler seien als »unpraktische und eunuchenhafte Käuze« betrachtet worden. Da gibt es viele Beispiele vom »zerstreuten Professor«. Er ist ja (wieder: ein Mann) wie ein Künstler, vergraben in seine Gedankenwelt, und da verliert man schon mal den Kontakt zur Außenwelt. 

Man liest gern in dem Buch Eurekas and Euphorias, für das Walter Gratzer Anekdoten über Wissenschaftler zusammengetragen hat (Oxford University Press, 2002). Material daraus wird uns nun ein paar Tage beschäftigen, weil wir den Humor im Leben nötig haben. Es geht also um Genies, die alles um sich herum vergessen.

Niels Bohr (1885-1962), der unvergessene dänische Pionier der Quantentheorie, war in seiner Jugend wie sein Bruder Harald, der Mathematiker, ein guter Sportler. Harld errang mit dem dänischen Fußball-Nationalteam 1908 eine Silbermedaille. Niels war Torwart in seinem eigenen Klub.

Zu seinen denkwürdigen Leistungen gehörte ein Spiel gegen eine deutsche Mannschaft, wobei die meisten Aktionen in der deutschen Hälfte stattfanden. Plötzlich jedoch »rollte der Ball in Richtung dänisches Tor, und alle warteten darauf, dass Niels Bohr herausrennen und sich den Ball schnappen würde. Doch zu aller Erstaunen blieb er stehen und widmete seine Aufmerksamkeit einem Torpfosten. Der Ball wäre sicherlich ins Tor gegangen, hätten nicht die entschlossenen Rufe eines Zuschauers Bohr aufgeweckt. Nach dem Spiel brachte er die seltsame Entschuldigung vor, dass ihm plötzlich ein mathematisches Problem in den Sinn gekommen wäre, das ihn so sehr beschäftigt hätte, dass er einige Berechnungen auf dem Torpfosten anstellen musste«.

David Hilbert (1862-1943) war der Chef des Mathematischen Instituts der Universität Göttingen, das weltweit nicht seinesgleichen hatte. Als alter Mann stellte er sich den Nationalsozialisten entgegen und wollte nicht, dass seine jüdischen Kollegen entfernt würden. Sonst war seine Geistesabwesenheit legendär.

Einer seiner Studenten brachte ein Beispiel. Eines Abends, als Hilbert und seine Frau sich vorbereiteten, Gäste für eine abendliche Dinnerparty zu empfangen, riet sie ihm, eine andere Krawatte anzulegen. Die Gäste kamen, aber Hilbert tauchte nicht mehr auf. Schließlich ging man auf die Suche und fand ihn schlafend im Bett. Als er seine Krawatte abnahm, hatte er einfach die übliche Folge der Handlungen exerziert, die darin mündeten, dass er sein Nachtgewand anzog und sich schlafen legte.

Isaac Newton (1642-1727) war der Begründer der neuen Physik und der modernen Wissenschaften überhaupt. Er war vaterlos und einsam aufgewachsen und hielt sich nur an seine Nichte und aeinen kleinen Hund Diamond.

Es wird sich zum Beispiel erzählt, dass ihn die Bedienstete eines Tages in der Küche antraf, wie er vor einer Pfanne mit kochendem Wasser stand, in dem seine Uhr lag, während er gespannt auf das Ei in seiner rechten Hand blickte.

Thomas Moore gab in seinem Tagebuch eine Anekdote von Newtons Geistesabwesenheit wieder.

Er hatte einen Freund (Dr. Stukeley) zum Abendessen eingeladen und es vergessen. Der Freund kam und fand den Philosophen geistig abwesend vor. Das Dinner wurde nur für einen gebracht, der sich hinsetzte und es verzehrte, ohne Newton zu stören, und dieser, endlich aus seiner Träumerei erwacht, schaute danach die leeren Teller an und sagte: »Nun wirklich, hätte ich nicht den Beweis vor Augen, ich hätte schwören können, dass ich noch nicht zu Abend gegessen hatte.«

Der amerikanische Mathematiker Norbert Wiener (1894-1964) war genial, dazu eitel und weltfremd. Er verbrachte sein Arbeitsleben am Massachusetts Institute of Technology, wo man sich noch lang Geschichten über ihn erzählte.

Unter diesen Geschichten ist jene, als Wiener eines Abends den Weg nach Hause finden wollte, jedoch seine Familie umgezogen war. Er näherte sich einem kleinen Mädchen, das ihm entgegenkam, und bat es, ihn doch zur Brattle Street zu führen. Das Kind lachte. »Ja, Daddy«, sagte es, »ich bringe dich heim.«

Wiener ging gern den Korridor entlang und war dabei in ein Buch vertieft. Er las und ging, und um auf Kurs zu bleiben, fuhr er mit einem Finger an der Wand entlang. Bei einer Gelegenheit trat er durch eine offene Tür ein, folgte — immer noch lesend und den Finger an der Wand — seinem Weg, während in dem Raum eine Vorlesung stattfand, erreichte wieder die Tür und befand sich wieder im Flur.

 

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