Das Schnurren der Katzen
Nichts zu machen: Es geht noch einmal um Katzen. In einem Second-Hand-Bücherregal lächelte mich das schmale Buch Die Kunst zu schnurren von Eugen Skasa-Weiß an (1998). Er stellt seine eigenen Katzen vor, doch was er über zwei Katzen-Phänomene schrieb, fand ich am besten: über das Betreten (oder Verlassen) eines Zimmers und über das Schnurren, was der Mensch nicht kann.
Der Autor wurde 1905 in Nürnberg geboren und lebte seit 1943 in Grafing bei München als freier Autor und Journalist. 1977 starb er in London. Nicht immer verstand er seine Katzen; er versuchte es aber. Er fragt sich:
Wozu es aber gut sein soll, dass meine Siamkatze innerlich zusammenbricht oder mich längere Zeit mit Verachtung straft, weil ich im Garten ein fremdes Kätzchen auf den Arm genommen habe, ist schwer zu ermitteln. … und die ungesagten Vorwürfe meiner Katze bekomme ich sogar telepathisch zu spüren: ›Du hast sie sogar gestreichelt, ich habe es genau gesehen — eine wildfremde Katze! Und wie sich das hergelaufene Luder schamlos angeworfen hat …‹ Die Katze, die zuerst da war, wünscht nicht die leiseste Teilung. Sie ist der Mittelpunkt, um den sich alles dreht, aus diesem Mittelpunkt will sie nie nie nie nie heraus, nein nie!
Nun das Betreten (oder Verlassen) eines Raums.
Jede Katze, die ersucht wird, ein Zimmer so schnell wie möglich zu betreten, bekommt die Schwellenstarre. Sie versteift ihre Beine, hisst das Schwänzchen, prüft die Atmosphäre und stellt ihren Motor auf Langsam. Am liebsten setzte sie sich nieder, um zu diskutieren. Andererseits: Jede Katze, die ersucht wird, das Zimmer so schnell wie möglich zu verlassen, muss erst mal überlegen, welches Risiko sie da eingeht. So mir nichts, dir nichts durch die offene Tür? Hinaus? … Keine Katze tritt so unüberlegt wie ein Hund in ein Zimmer. Sich vor die Tür pflanzen und jammern, das ist die Ouvertüre. Die Feierlichkeit des Einzugs rituell gestalten, stutzig werden, nicht richtig mögen, sich das Ganze noch mal durch den Kopf gehen lassen, das ist der erste und der zweite Akt. Plötzlich pfeilgeschwind hineinhuschen, das ist der dritte.
Und wenn sie schnurrt …
Katzen schnurren, wenn sie sich freuen, und dieses Schnurren ist eine tiefinnerliche und tiefäußerliche Geschichte, die in sich selber ruht. Eine Katze, die schnurrt, will weder andere Katzen hervorbringen, noch will sie irgend etwas erschnurren. Katzenschnurren ist eine kugelrunde Freude, die mit sich selber zufrieden ist. Es ist dem goethischen Behagen weit näher als dem menschlichen Lächeln. Es ist so urbehaglich … Nacheinander horchte ich meine Katzen ab, wo und wie sie schnurrten. Sie taten es am ganzen Leib. Der Schenkel schnurrte so ausgeglichen wie der Hals, das Köpfchen nicht lauter als der Bauch. Aber bei aller Liebe zu den gottgegebenen Künsten — das Schnurren ist dem Menschen versagt.
Illustrationen: aus der Auswahl von Katzenbildern im Internet. Haben die auch Persönlichkeitsrechte, die verletzt werden könnten? Werden die Halter sich beschweren? Ach, freut euch daran.