Heilmagnetismus

Wir können uns gegenseitig auch mit Gesundheit anstecken. Das sagte doch Kurt Hahn im vorletzten Beitrag. Den kannte ich übrigens nicht; er lebte von 1886 bis 1974, erfand die Erlebnispädagogik. Wir erleben heute (besser: wir erlesen uns heute) neue merkwürdige Dinge aus dem Buch Grenzwissenschaftliche Versuche für Jedermann, diesem Buch von 1960, das altes Wissen in sich birgt.

Ein gesunder Mensch sei ein Strahlkörper wie die Sonne, so beginnt Willy Schrödter seine Ausführungen über den Heilmagnetismus. Es wirkt unsere Ausstrahlung (Emanation), die der Freiherr von Reichenbach Od nannte. Schrödter geht gleich aufs Ganze:

2021-04-18-0001Schon die urtümlichste Handlung des Menschen — das Zusammenschlafen — ist eine heilmagnetische Aktion, ein Austausch der Od-Kräfte. Von einem Gesunden fließt nach dem ›Gesetz von den kommunizierenden Gefäßen‹ Strom auf einen Kranken, Schwachen, Alten über … Der Od-Austausch zwischen verschiedengeschlechtlichen Personen ist … viel ausdrücklicher als zwischen gleichgeschlechtlichen.

Auch ein Teil-Beilager für spezielle Fälle ist wohltuend: 
Um die Unterextremitäten eines Menschen besonders zu stärken, wäre es nötig, dass der Gesunde und der Kranke die Fußsohlen eine Zeitlang gegeneinander halten müssten.
Für Armstärkungen müssten sie die Hände ineinanderballen, sodass die Fingerspitzen des Einen in der Hand des Anderen liegen.
Durch Sitzen auf dem Schoß stärkt man die Oberschenkel und die Geschlechtsorgane. (…)

Schlafen in dem noch nicht wieder gemachten Bette eines Vollgesunden, Baden in dem von seiner Kraft (mana) durchtränkten Wasser der Wanne sind für den Kranken und Schwachen Ersatz für ein unmögliches Beilager. Ebenso das Tragen der Unterwäsche des ›Heilspenders‹, das auf apostolische Empirik zurückgeht …

Schrödter erwähnte in Klammern die biblische Apostelgeschichte, Kapitel 19, Vers 12. Da lesen wir von den Wundertaten des Paulus.

Sogar seine Schweiß- und Taschentücher nahm man ihm vom Körper weg und legte sie den Kranken auf; da wichen die Krankheiten, und die bölsen Geister fuhren aus.

Agrippa von Nettesheim behauptete, das Tragen fremder Unterwäsche färbe sogar moralisch ab: Ein Hurenhemd erzeuge Hurengedanken.

Empfohlen wird das Anhauchen (Adspiration), das vielleicht mit dem »Besprechen« gemeint ist, wie man früher die Tätigkeit von Volksheilern nannte. Das Anhauchen der Herzgrube helfe, ohnmächtige Personen wieder zu sich kommen zu lassen. Professor Oskar Korschelt meinte sogar:

Sterbende, denen stundenlang einige untereinander sich ablösende Gesunde auf die Herzgrube hauchen, werden auf diese Weise dem Leben erhalten, ja schon tote Personen wieder ins Leben zurückgebracht. 

Bei Koliken solle man die Nabelgegend behauchen, und bei Hexenschuss oder Zahnschmerzen bewirke Gutes ein behauchtes Taschentuch.

 

Bild oben: Skulptur im Park des Karl-May-Museums Radebeul bei Dresden, wo ich 2009 mit meiner Mutti war

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