Sputnik

Ein beachtlicher Science-Fiction-Horror ist Sputnik, den der russischen Regisseur Jegor Abramenko im vergangenen Jahr gedreht hat. Kosmonaut Konstantin kehrt 1983 von einer Mission im All zurück und hat, ohne es zu ahnen, jemanden mitgebracht: ein schleimiges Wesen, das in ihm lebt und ihn jeweils um drei Uhr morgens verlässt, um später wieder in seinen Körper zurückzukehren. Die Psychologin Tatjana Jurjewna Klimowa soll helfen.

R720ad94b75dc4aaa3b3801e216aae678Man beobachtet den Kosmonauten in einer Hochsicherheitsstation in der Taiga. Dorthin bringt man Tatjana, und als ich sie sah, wusste ich es: Sie, Oxana Akinschina, 34 Jahre alt, hätte in meinem Film über Unna die Hauptrolle übernehmen müssen. So sehe ich Unna vor mir. Aber nun sind wir bei Sputnik. Komischer Titel. Russland und das All: Da fällt einem der Sputnik ein, der am 4. Oktober der erste künstliche Erdsatellit auf einer Umlaufbahn war; darum ging es wohl nicht, aber Sputnik bedeutet auch Satellit, und irgendwie ist das außerirdische Schleimwesen ein Satellit des Kosmonauten, eher noch ein Parasit. Oder lebt er in Symbiose mit Konstantin?

Das weist auf das manipogo-Thema Anfang Juni hin. Ich bin du, wir verwechseln uns; und der Außerirdische holt sich Kraft aus Konstantin und muss Menschen töten, bevor es zurückkehrt. Das Wesen reagiert auf Adrenalin: Wenn es Angst verspürt, springt es los. Gewiss hat das eine metaphorische Bedeutung, 1983 waren wir im Kalten Krieg, der Betonkommunismus unter den alten Kadern Andropow und Tschernenko kannte keine Kompromisse, und Angst regierte im Osten. Tatjana steht vor dem Außerirdischen und sagt sich: Ich habe keine Angst! Das geht gut, doch dann verlässt sie die Kontrolle, und sie wird angegriffen. Das Wesen, so entdeckt Tatjana, bleibt jeden Tag ein paar Minuten länger in Konstantins Körper, und irgendwann braucht es ihn nicht mehr und wird seiner Wege gehen. Wird eine super Waffe sein, meint der böse Kommandant, der die Untersuchung leitet.

Was ist das Wesen? Ein Parasit nährt sich nur von seinem Wirt: wer in Symbiose mit einem anderen lebt, arrangiert sich und jener mit ihm, es ist eine Zusammenarbeit, von der beide profitieren. Etwas anderes ist es, von einem Wesen besessen zu sein: Das betrifft auch den Geist, man wird übernommen und denkt Dinge, die zu einem anderen gehören. Das betrifft den Außerirdischen nicht, doch wir, wie können wir wissen, ob unsere Gedanken rein von uns sind? Beeinflussen uns andere (Verstorbene, Engel)? Manchmal gewiss, aber Gewisses weiß man nicht, und besser ist es.

Mexico 057Man sieht statt dem üblichen Amerikaner-Stoff gern einmal einen Film aus dem Osten, weil da immer mal jemand fragt, ob man an Gott glaubt. Aber es ist nicht nur das: Die bedrückende Atmosphäre des öden Ortes nirgendwo kriecht dir unter die Haut, so muss das sein, man muss das Gefühl bekommen, nie mehr wegzukönnen. Klaustrophobisch ist auch 2001 — Odyssee im Weltraum von Kubrick, noch vor der Alien-Trilogie die Mutter aller Science-Fiction-Filme. Tatjana hat Glück und findet einen Verbündeten, und der Ausbruch am Ende gelingt, nur Konstantin schafft es nicht. Auch das Wesen aus dem All schmilzt dahin, und von dem Kosmonauten bleibt nur sein Sohn im Waisenhaus, den Tatjana zu sich nimmt, und dann hat auch sie ihren Satelliten, für den sie wichtig ist.

 

 

 

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