Mutter Courage
Schließen wir den Zyklus über den Dreißigjährigen Krieg mit einer Geschichte über Mutter Courage und ihre Kinder ab. Das Stück von Bertolt Brecht wurde 1941 in Zürich mit Helene Waigel in der Titelrolle uraufgeführt. Sicher hat Hans Jacob Christoph von Grimmelshausens Die Landstreicherin Courage, das etwa 1680 veröffentlicht wurde, Brecht auf den Gedanken (und den Namen) gebracht.
Die Landstreicherin Courage erzählt bei Grimmelshausen selbst ihr Leben und erwähnt, der »Simpel« habe sie in Sauerbronn damals missbraucht, er, der Erzähler von Der abenteuerliche Simplicissimus, Grimmelshausens Hauptwerk. Darin ist die Episode wohl erwähnt, aber sie auf den 800 Seiten zu finden, ist fast unmöglich. Da denkt man an Michel Foucault, der mit dem Don Quijotte, im Jahr 1600, den modernen Roman beginnen lässt, weil da zum ersten Mal der Autor sich selbst ins Spiel bringt und Rück- und Querbezüge einschaltet … irgendwie passen diese Spielchen ins 17. Jahrhundert. Im Krieg wurde allerdings nicht mehr gespielt.
Mutter Courage zieht mit dem Planwagen und ihren drei Kindern durch die Gegend. Sie lebt vom Krieg; gegen den Frieden hat sie nichts, nur auch nichts zu beißen, wenn er herrscht. Der Feldwebel blickt ihr nach und sagt:
Will vom Kriege leben
Wird ihm wohl müssen auch was geben.
Ihre drei Kinder Eilif, Schweizerkas und Kattrin begleiten sie. Und diese Kinder muss ihre Mutter hergeben. Alle drei wird sie verlieren. Eilif wird verschleppt, Schweizerkas hingerichtet, und Kattrin opfert sich am Ende auf. Als ein Dorf überfallen wird, schlägt sie so lange die Trommel, bis Rettung kommt, doch sie wird vorher von einer Kugel durchbohrt. — Getrommelt wird viel. So singt die Courage:
Das Schießgewehr schießt, und das Spießmesser spießt
Und das Wasser frißt auf, die drin waten.
Was könnt ihr gegen Eis? Bleib weg, s’ist nicht weis!
Sagte das Weib zum Soldaten.
Doch der Soldat mit der Kugel im Lauf
Hörte die Trommel und lachte darauf:
Marschieren kann nimmermehr schaden!
Hinab nach dem Süden, nach dem Norden hinauf
Und das Messer fängt er mit den Händen auf!
Sagten zum Weib die Soldaten.
Der Feind kam, und Yvette war siebzehn Jahre. Der Feind legte beiseit den Säbel:
Und nach der Maiandacht
Da kam die Maiennacht.
Das Regiment stand im Geviert
Dann wurd getrommelt, wies der Brauch
Dann nahm der Feind uns hintern Strauch
Und hat fraternisiert.
Kattrin liegt da.
Mutter Courage: Jetzt schläft sie.
Die Bäuerin: Sie schläft nicht, Sie müssen einsehn, sie ist hinüber.
Der Bauer: Und Sie selber müssen los endlich. Da sind die Wölf, und was schlimmer ist, die Marodore.
Der marodierende, plündernde Mensch (Mann) ist schlimmer als das reißende Tier. Ein Regiment zieht mit Sang und Klang vorbei. Mutter Courage spannt sich vor ihren Planwagen, zieht an. Von hinten Gesang:
Mit seinem Glück, seiner Gefahre
Der Krieg, er zieht sich etwas hin.
Der Krieg, er dauert hundert Jahre
Der g’meine Mann hat kein Gewinn.
Ein Dreck sein Fraß, sein Rock ein Plunder!
Sein halben Sold stiehlts Regiment,
Jedoch vielleicht geschehn noch Wunder:
Der Feldzug ist noch nicht zu End!
Das Frühjahr kommt! Wach auf, du Christ!
Der Schnee schmilzt weg! Die Toten ruhn!
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.