Die Freiheit und die Bombe

Am 6. August, drei Monate nach Ende des Zweiten Weltkriegs, warfen die Amerkaner eine Atombombe auf Hiroshima, 3 Tage später eine zweite auf Nagasaki. Wenn die Physiker den Militärs den »Atomknüppel« einmal in die Hand gäben, dann würden sie auch damit zuschlagen, befürchtete der dänische Physiker Niels Bohr — und behielt recht. Brecht lebte damals noch und probte gerade mit Charles Laughton den »Galilei«, der gerade die Verantwortung der Wissenschaftler behandelte (dazu der Beitrag vom Januar Leben des Galilei). 

Das Zitat gibt der Titelheld in Heinar Kipphardts Theaterstück In Sachen Robert J. Oppenheimer wieder, aber der Autor hat die Protokolle aller Verhöre vom April 1954 gesichtet und wird nichts erfunden haben. Das Stück wurde 1964 in Deutschland uraufgeführt. Die US-Behörden klagten Oppenheimer an, er habe willentlich die Entwicklung der Wasserstoffbombe verzögert, bis die Sowjets einen Schritt schneller waren. Der deutsch-jüdische Physiker kam 1904 in New York zur Welt und starb 1967. Er wurde damals nicht verurteilt, sogar rehabilitiert, indem ihm die Enrco-Fermi-Medaille zuteil wurde.

In Hiroshima starben auf der Stelle 100.000 Menschen und bis Ende des Jahres weitere 130.000. Die Wasserstoffbombe sollte 10.000 Mal stärker wirken als die Atombombe und zu einer Todeszone von 580 Kilometern im Durchmesser führen. Oppenheimer leitete ab 1942 das Manhattan-Projekt, für das in Los Alamos 3000 Menschen tätig waren. 1932 hatte Albert Einstein gewarnt, die Deutschen könnten eine Atombombe bauen; sofort setzte sich die Maschinerie in Bewegung, und Oppenheimer sollte die besten Wissenschaftler rekrutieren.

Der geniale Däne Niels Bohr kam auch nach Los Alamos, wollte aber nicht bleiben, und auch Wolfgang Pauli reiste bald wieder ab. Oppenheimer kam mit anderen auf das Ziel Hiroshima — aber selbstverständlich hätten sie nicht zum Abwurf geraten, sondern nur Daten geliefert. Danach hätten alle Beteiligten »furchtbare Skrupel« gehabt. Robert J. Oppenheimer fasst seine Stimmung (im Theaterstück) so zusammen:

Wir haben die besten Jahre unseres Lebens damit verbracht, immer perfektere Zerstörungsmittel zu finden, wir haben die Arbeit der Militärs getan, und ich habe in meinen Eingeweiden das Gefühl, dass das falsch war. (…) Wir haben die Arbeit des Teufels getan, und wir kehren nun zu unseren wirklichen Aufgaben zurück.

Damals herrschte Paranoia. Möglicherweise würden die Russen die Oberhand erhalten und den US-Staaten ihr repressives System aufzwingen; die USA rüsteten sich schon zu einem Duell mit dem Osten, noch ehe die Nazis besiegt waren. Die Freiheit schien bedroht. Drei Zitate aus dem Stück, die auch Bezug zur heutigen Lage haben. Ward V. Evans vom ermittelnden Ausschuß sagt im Stück:

Ich beobachte zwei Entwicklungen: Die eine, dass wir die Natur zunehmend beherrschen, unsern Stern, andere Sterne. Die andere, gleichzeitig, dass wir selber zunehmend beherrscht werden durch staatliche Apparate, die unser Verhalten zu normieren wünschen.

Oppenheimer und Lansdale denken das Problem zu Ende. Oppenheimer:

Es gibt Leute, die bereit sind, die Freiheit zu schützen, bis nichts mehr von ihr übrig ist.

Lansdale:

Um eine hundertprozentige Sicherheit zu haben, müssten wir alle die Freiheiten aufgeben, die wir zu verteidigen wünschen. Das ist kein gangbarer Weg.

 

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