Was ist sie?

»Was ist Liebe?« fragen zwei junge Männer Krishnamurti. Es gäbe so viel darüber zu wissen, und es sei schwierig, in Worte zu kleiden, was man fühle, gab einer der beiden zu, nachdem der Guru sie nach ihrer Meinung gefragt hatte. Nach 5 Seiten Erörterungen und Diskussionen leitet Krishnamurti zum Finale über.

Ich übersetze das aus den Commentaries of Living (Madras, 1981). Krishnamurti fragt, ob sie das Gefühl von dem Wort (Liebe) abtrennen könnten sowie von ihren Vorannahmen, was sein sollte und was nicht sein sollte. »Was soll das bringen?« fragt der zweite Mann. Lehrreich ist es, wie Krishnamurti auf diese Bemerkung eingeht und die beiden führt und zu seinem Schluss kommt. Er sagt:

Wir wollen immer ein Resultat bekommen, wenn wir etwas tun. Dieser Wunsch nach einem Resultat, der eine andere Art der Suche nach einer abschließenden Folgerung ist, verhindert das Verständnis. Wenn ihr fragt »Was soll das bringen, wenn ich das Gefühl von dem Wort Liebe abtrenne?«, dann denkt ihr an ein Resultat; daher wollt ihr nicht wirklich herausfinden, was jenes Gefühl ist, oder nicht?

Die beiden bekräftigen: Doch, ja, sie wollen es herausfinden.

Vielleicht; aber wenn ihr verstehen wollt, werdet ihr aufmerksam sein müssen, und es gibt keine Aufmerksamkeit, wenn ein Teil von euch mit Resultaten beschäftigt ist und der andere mit dem Verständnis. Auf diese Art bekommt ihr gar nichts und werdet immer verwirrter, bitterer und schlechter gelaunt. Wenn wir das Wort, das Erinnerung ist und alle seine Reaktionen, nicht von dem Gefühl abtrennen, dann zerstört das Wort das Gefühl; und dann ist das Wort, oder die Erinnerung, eine Asche ohne Feuer. Ist das nicht euch beiden passiert? Ihr habt euch so sehr in einem Netz aus Wörtern und Spekulationen verstrickt, dass das Gefühl selbst verlorengegangen ist, das Einzige von tiefer und vitaler Bedeutung.

beetleWill man die Liebe, die Wahrheit oder Gott kennenlernen, darf man dazu keine Meinungen, Glaubenssätze oder Spekulationen haben. Wenn ihr eine Meinung über eine Tatsache habt, wird die Meinung wichtig, nicht die Tatsache. (…) Ihr könnt eine Menge Wissen und Informationen über die Tatsache haben, doch die echte Tatsache ist etwas völlig Anderes. Legt das Buch, die Beschreibung, die Tradition beiseite und unternehmt die Reise der Selbstentdeckung. Liebt, und lasst euch nicht in Meinungen und Ideen darüber verwickeln, was Liebe sein oder nicht sein sollte. Wenn ihr liebt, wird alles gut werden. Die Liebe hat ihre eigene Tatkraft. Liebt, und ihr werdet ihre Segnungen kennenlernen. Haltet euch fern von Autoritäten, die euch sagen wollen, was Liebe ist und was sie nicht ist. Keine Autorität weiß das; und wer es weiß, kann es nicht sagen. Liebt, und das Verständnis wird folgen.    

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Zwei anderen Männern sagt Krishnamurti, wenn der Geist einsehe, wie vollständig er konditioniert sei (von früheren Erfahrungen und von der Gesellschaft geprägt), ende jede Bewegung; dann sei er still, habe keine Wünsche oder Zwänge mehr und kein Motiv. Erst dann lebe er in Freiheit.
Die beiden sagen, was alle sagen. »Doch wir müssen in dieser Welt leben, und alles, was wir tun, ob wir unseren Lebensunterhalt verdienen oder über unseren Geist nachdenken, hat ein verstecktes Motiv. Gibt es irgendeine Tat ohne Motiv?« Krishnamurti:

Glaubt ihr nicht, dass es so etwas gibt? Die Tätigkeit der Liebe hat kein Motiv, während jede andere Tätigkeit eines hat.

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