Vier Semmeln von zehn

Südzeit, das Eine Welt Journal Baden-Württemberg, lag in einigen Exemplaren auf dem Tisch im Fair-Trade-Laden. Ich las es durch, befand es für gut und dachte: Journalismus ist eine gute Sache, wenn er für die Schwachen eintritt und ihnen eine Stimme gibt. Dafür kann man Journalist sein. Und die Eine Welt! Bei manipogo gehört auch die geistige Dimension dazu, und wer will, darf mich einen Journalisten nennen.

csm_Suedzeit_90_Titel_jpg_b6347a6064Es ist das 90. Heft und erscheint jährlich in 4 Ausgaben in Stuttgart. Die Südzeit wird von evangelischen kirchlichen Instituten gefördert. Gehen wir das September-Heft rasch durch.

Pfarrer Wolfgang Herrmann kümmert sich in der Diözese Rottenburg-Stuttgart um Migranten, die in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen stecken. Denken wir nicht, das gäbe es nicht. Herrmann erwähnt die 24-Stunden-Pflege, die Landwirtschaft, die fleischverarbeitende Industrie und den Transport- und Logistikbereich. Ohne die schlecht entlohnten Kräfte, die auf dem Feld ernten oder getötete Rinder zerteilen, würden Kartoffeln und Steaks mehr kosten, was dem deutschen Wohlstandsbürger jedoch zuzumuten wäre. Die niedrigen Lebensmittelpreise kommen durch Ausbeutung zustande; wenn ich bedenke, dass es bei großen Handelsketten 500 Gramm Kaffee für 3,32 Euro gibt … Da werden die kleinen Produzenten im Süden ausgebeutet.

Da werden manchmal Überstunden nicht bezahlt (auf dem Bau, heißt es, dauert eine Arbeitsstunde 90 Minuten), und besteht man darauf, verliert man den Job und gleichzeitig die Wohnung und kann zurückreisen in sein Heimatland, wie es einem Polen geschah. Ob es positive Beispiele gäbe? Herrmann sagt:

Mich fasziniert der erfolgreiche Kampf afrikanischer Erntehelfer um Recht und Würde in Süditalien gegen das dortige ausbeuterische Prinzip durch von der Mafia kontrollierte »Vorarbeiter«. Milo Rau hat dazu einen beeindruckenden Film mit dem Titel »Das neue Evangelium« gedreht.  

Den Trailer seht ihr hier.

Postkarte-Suedzeit_Durchblicker_kleinDer iranische Jurist Reza Khajavi nennt sich Food-Saver. Er verarbeitete mit einer alten Küchenmaschine altes Brot zu Knödeln, Teigtaschen und Nudeln. Seit neuestem schafft er Neues aus weggeworfenem Gemüse und Obst. Khajavi hat nun ein Geschäft in Herrenberg eröffnet. In dem Artikel über ihn steht der Satz:

Laut einer Studie des World Wildlife Fund (WWF) wurden nämlich im Jahr 2015 in Deutschland 1,7 Millionen Tonnen der insgesamt 4,5 Millionen Tonnen Backwaren weggeworfen.

Ich habe mich schon oft gefragt, was mit den Quarktaschen, Brezen und Striezeln geschieht, die am Ende eines Tages in der Bäckerei liegenbleiben. Nichts. Sie fliegen auf den Müll (wenn sie nicht bei einer Tafel landen). Nach der Statistik werden also von zehn Semmeln vier weggeworfen. Es wird zu viel produziert und respektlos gehandelt. Unsere Urgroßeltern wären entsetzt und würden sich für uns schämen.

Dann noch: Es gibt ein Bündnis Sichere Häfen, dem sich 250 deutsche Kommunen angeschlossen haben, und zum Bündnis Städte sicherer Häfen gehören 100 Mitglieder. Diese Städte und Kommunen wollen mehr Migranten aufnehmen, als der Staat von ihnen verlangt. Und 33 Bürgermeister von europäischen Städten haben am 25. Juni dieses Jahres in Palermo die Internationale Allianz der Städte sicherer Häfen gegründet. Sie wollen keine Transitzonen an den europäischen Außengrenzen, stattdessen direkte kommunale Aufnahme von Schutzsuchenden. Die Städte:

Palermo, Potsdam, Amsterdam, Athen, Barcelona, Marseille, Villeurbane, Trier, Kiel, München, Heidelberg, Gütersloh, Bergamo, Lampedusa, Pozzallo, Reggio Calabria, Rottenburg, Flensburg, Göttingen, Braunschweig, Greifswald, Mannheim, Leipzig, Northeim, Dormagen, Münster, Jülich, Bonn, Marburg, Dortmund, Würzburg, Tirana.    

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