Ins Paradies entführt
Mein Blick fiel auf die Lesung eines Sonntags der Vorfastenzeit, und da fand ich zu meiner Überraschung, was Paulus über seine Reise ins Paradies schreibt. Er tat dies vorsichtig und verschlüsselt. Mohammed, der Prophet, hat ja auch solch eine Reise gemacht, die im Koran wiedergegeben ist. Das kann nun gut auf den Bericht von John J. Davis folgen.
Die Paulus-Stelle steht in seinem zweiten Brief an die Korinther. Paulus erzählt von einem Menschen, der entrückt wurde und meint damit sich selbst, wie im Kommentar meines alten Schott von 1939 erwähnt ist (rechts im Bild die Basilika San Paolo fuori le Mura in Rom, Fassade):
… so will ich auch auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn zu sprechen kommen. Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren war es; da wurde er bis in den dritten Himmel entrückt (ob im Leibe, ich weiß es nicht, ob außer dem Leibe, ich weiß es nicht, Gott weiß es). Ich weiß von diesem Menschen (…), dass er ins Paradies entrückt wurde und geheime Worte hörte, die kein Mensch aussprechen darf.
Mohammeds Jenseitsreise ist der Beginn der Sure 17:
Ehre sei Gott, der Seinen Diener für eine nächtliche Reise von der heiligen Moschee zur Moschee al-aqsa mitnahm, dessen Umgebung Wir segneten — damit Wir ihm einige unserer Zeichen zeigten: Denn Er ist derjenige, der alles hört und sieht.
Im Arabischen heißt »von der heiligen Moschee zur Al-aqsa-Moschee« so: mina almasjidi alharami ila almasjidi al-aqsa. Die Al-aqsa-Moschee in Jerusalem gilt als die drittwichtigste Kultstätte dses Islam und ist oben links in einem Foto des Matson Photo Service zu sehen (zwischen 1940 und 1946, Dank an die Library of Congress).
Einzelheiten erfahren wir von Mohammed nicht. Dafür haben wir viele andere Zeugnisse. Wenn wir uns für die Nacht niederlegen, könnte es sein, dass unser energetischer Körper unbekannte Dimensionen bereist, woran wir uns selten erinnern. Da fand ich bei Lenka Reinerová im Buch Mandelduft einen Traum, den sie sich nicht erklären konnte:
Da sah ich meine Hände. Sie waren schmal, schienen ein bißchen größer zu sein, die Finger etwas länger. Und sie waren gleichfalls weiß, meine Hände, weiß und beinahe durchsichtig. Ich spreizte im Traum behutsam die dünnen Finger, und da erblühten zwischen ihnen Blumen in Farben, die ich nie gesehen habe und auch nicht beschreiben kann. Ich weiß nur, dass sie unsagbar schön waren, diese Traumblumen, sich allmählich in wundervoller Gestalt entfalteten, auch dufteten, ja, sicher haben sie geduftet. Das Beglückende waren aber die unbekannten, nie gesehenen Farben. (»Dreifach an Farbe und von einem Umfang; und einer schien vom anderen wie von Iris« so las ich es einst bei Dante.)
Viele Zeugen von Todeserfahrungen haben die überirdisch schönen Blumen beschrieben, die manchmal sogar größer werden, wenn man sie ins Auge fasst. Die Farben sind bei uns unbekannt; es fehlen die Worte dafür. Frau Reinerová besuchte in ihrem zweiten unerklärlichen Traum öfter eine Traumstadt, deren Häuser weiß waren, »aber strahlend, geradezu funkelnd weiß war nur der große Bau auf dem Platz, dem ich jedesmal, wie von unsichtbarer Hand geleitet, zustrebte«.
Doch Erfahrungen in der anderen Welt können auch total anders sein. Ein Glücksempfinden begleitet sie immer. Ein Kommentator (oder eine Kommentatorin) schrieb zur Davis-Geschichte:
Ich erlebte, was ich für eine Todeserfahrung halte. Sie ging meiner Herzattacke voraus. Es war wirklich verblüffend und schön. Ich sah niemanden. Ich sah nichts. Ich war in totaler Schwärze, aber ich konnte das andere Ende des Universums sehen. Ich konnte Galaxien mit einem Gedanken nur überqueren und an meinem Ziel ankommen, bevor der Gedanke zu Ende gedacht war. Es gab weder einen Tunnel noch Engel. Niemand sprach zu mir, aber ich war begeistert über die schöne Schwärze. Als ich aufwachte, war ich sehr verärgert, dass ich zurückkommen hatte müssen.
Dazu bitte lesen: Lob der Dunkelheit.