Mai-Göttinnen

Wieder merke ich, dass wir in Rhythmen leben … und uns manchmal wiederholen. Wir schrieben Ende April, der Mai war bis zum 23. fertiggestellt, und eine Lücke tat sich nur am 7. Mai auf. Ich dachte nach — und verfiel auf das Buch Eine Göttin für jeden Tag von Luisa Francia (1996). Und im vergangenen Jahr fiel mir für den 6. Mai ein, aus ihrem Buch eine Passage auszuwählen. Schauen wir, welche Göttinnen sie uns für den Mai vorstellte. 

aphrodite-statueNatürlich war das eine willkürliche Auswahl, die sie vornahm. Doch so lernen wir ein paar Göttinnen der Welt kennen. Ganz prominente Vertreterinnen treten uns da entgegen. Für den 8. Mai hat Frau Francia die Aphrodite, die Schaumgeborene, die »in einem paradiesischen Hain Frauen zur Liebe verhalf«. Und weiter:

Das Meer ist ihre Heimat, aus dem Meer schöpft sie ihre Kraft, die Muschel ist ihr Symbol. Aphrodite steht für die Frau, die sich nimmt, wen sie will, die liebt, wen sie will, und die dabei unwiderstehlich ist. 

OIP.S5DciY-ecvsi_s_AYT-54AHaOVAm nächsten Tag (9. Mai) tritt Gaia auf, »die alle Lebewesen nährende Mutter, die Gebieterin über Leben und Tod, über die Kraft der Erneuerung und der Zerstörung.« Am 10. Mai haben wir Kore, die Ur-Göttin, die im Südeuropa und dem Nachen Osten verehrt wurde als »Mutter der spirituellen Kraft, die auf der Erde verwirklicht wird«. Koré Kosmou, die Jungfrau der Welt, ist ein hermetisches Fragment, das alte Weisheitsreligionen mit dem modernen Christentum verbindet.

Die Dakini vom 11. Mai gehören zu Tibet, Nepal und Indien. Sie sind »die Mütter der geheimen Kräfte, des Übersinnlichen, der magischen Macht. … Sie erscheinen in schönen und furchterregenden Formen.« Manchmal begleiten sie als Gefährtinnen spirituell erleuchtete Männer. Die Dakini sind Himmelswanderinnen und Helferinnen der dunklen indischen Göttin Kali. Für den 13. Mai wird Shakti genannt, die pulsierende Kraft im Universum, das »Leben-Gebende, … das Sich-Wandelnde, die Fülle, … die Wildheit, die Unerbittlichkeit«. Ich habe mich kürzlich in ein Buch von Arthur Avalon vertieft, Shakti und Shakta, und wurde verwirrt von der Tiefe der Gedanken im Hinduismus. Shiva ist das Ruhende, Unveränderliche, während Shakti die wirkende Kraft ist, doch auch die potenzielle Kraft. Beide gehören zusammen, und es ist gar nicht so klar, ob Shakti weiblich ist.

Schön, dass am 17. Mai, also im Marien-Monat der Christen, die Venus erscheint, die »Göttin der Liebe, der Schönheit, der Ästhetik, des Genussses und der Heiterkeit«. Freilich hat sie im alten Rom die Rolle der griechischen Aphrodite übernommen.

Die sinnliche, sexuelle Liebe ist ebenso ihr Terrain wie die spirituelle, himmlische, die Verzückung. … In germanischen Sagen gibt es Frau Venus, eine Feenkönigin, die im Venus-Berg bei Eisenach wohnt. Wer sie besucht, erlebt beispielloses Glück und nie gekannte sinnliche Genüsse. Das muss der Grund gewesen sein, warum Tannhäuser nicht auf die Vergebung des Papstes wartete, sondern in den Berg der Frau Venus zurückkehrte, wo er heute noch sein soll.

Die Uolumar Sibiriens vom 19. Mai weist schon auf einen künftigen Sibirien-Beitrag auf manipogo in diesem Monat hin.

Uolumar ist eine Ur-Schamanin, wohl auch eine Unterweltsgöttin. Unbezwingbar stark, lebt sie mit ihrer Schwester in einer Jurte. Morgens springen sie aus ihren Fellen von der Ofenbank, laufen um die Wette, umkreisen die Birken und sprechen mit ihnen. Sie spielen den ganzen Tag und messen ihre Kräfte.

4773919375_b9b8f24dcb_bNennen wir noch die große Zauberin Circe (20. Mai), von der der Ausdruck kommt »jemanden bezirzen«. Sieht komisch aus. Sagt man »jemanden becircen«? Der Rechtschreibungs-Duden weiß es auch nicht und bietet beide Versionen an. Hestia (21. Mai) ist auch eine griechische Göttin, diejenige des Herdfeuers, die auch Vesta hieß, und ihre Priesterinnen waren die Vestalinnen, die keinem Mann angehörten.

Wir lassen ein paar weniger bekannte Göttinnen aus und erwähnen nur noch die Loreley am 25. Mai. Da fehlt nur noch das Gedicht Die Lorelei von Heinrich Heine, das Friedrich Silcher 1837 so schön vertonte. Das singe ich gern!

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
Dass ich so traurig bin;
Ein Märchen aus alten Zeiten,
Das kommt mir nicht aus dem Sinn.

R.d61e26dbda6dec3a5c37653409d80f15Die Luft ist kühl und es dunkelt,
Und ruhig fließt der Rhein;
Der Gipfel des Berges funkelt
Im Abendsonnenschein.

Die schönste Jungfrau sitzet
Dort oben wunderbar,
Ihr goldnes Geschmeide blitzet,
Sie kämmt ihr goldenes Haar.

Sie kämmt es mit goldenem Kamme,
Und singt ein Lied dabei;
Das hat eine wundersame,
Gewaltige Melodei.

Den Schiffer im kleinen Schiffe
Ergreift es mit wildem Weh;
Er schaut nicht die Felsenriffe
Er schaut nur hinauf in die Höh´.

Ich glaube, die Wellen verschlingen
Am Ende Schiffer und Kahn
Und das hat mit ihrem Singen
Die Lorelei getan.

 

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