Hospizarbeit

Vorgestern hatten wir den End-of-Life-Care-Roboter, eine eigentlich schreckliche Erfindung. Dem Sterbenden wird vorgegaukelt, er sei nicht allein, es sei jemand bei ihm. Doch ist das ein Jemand? Nein. Es ist eine Streichelmaschine; für diese Erfindung sollte sich die Menschheit schämen. Für Sterbende gibt es Hospizgruppen, deren ehrenamtliche Mitarbeiter ans Krankenbett gehen. 

Im Heim lag kürzlich ein Faltblatt der Hospizbewegung, die im badischen Land acht Hospizgruppen unterhält. Die Mitarbeiter sind ausgebildet, müssen sich steter Weiterbildung unterziehen, stehen unter Schweigepflicht und orientieren sich an christlichen und ethischen Werten. Zu Aufgaben der Hospizbewegung heißt es:

Die Begleitung von schwerkranken und sterbenden Menschen und deren Angehörigen zu Hause, im Pflegeheim und im Krankenhaus
Die Angehörigen und Freunde durch die Zeit von Abschied und Trauer begleiten
Zu Fragen und Themen der Hospizarbeit beraten und informieren
Mit Ärzten, ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, Kliniken, Brückenpflege, Palliativnetz, Kirchengemeinden und anderen Institutionen zusammenarbeiten.

Dies natürlich offen und wertfrei, achtsam und respektvoll. Klingt ja gut. Das erste Hospiz — als Ort für Sterbende — wurde 1967 in London von Cicely Saunders gegründet: St. Christopher’s. Eine gute Quelle zu Geschichte und Arbeit ist das Buch Sterbenden Freund sein von Richard Lamerton, 1991 in Freiburg bei Herder erschienen. Mittlerweile gibt es Hospize in vielen Ländern. Sie sind eine wunderbare Einrichtung.

Ambulante Dienste sind vermutlich eine neue Einrichtung. Man sollte sie aber auch kritisch sehen dürfen. Wollen wir wirklich in diesen schweren Tagen und Wochen Experten herbeirufen? Das kommt mir wie eine Art Outsourcing vor. In Deutschland wird ja unendlich viel Wert auf Ausbildung und Zertifikate gelegt. Doch bei der Begegnung mit Sterbenden geht es nur um den menschlichen Kontakt. Es kann ein Band der Sympathie entstehen zwischen dem kranken Menschen und der Helferin (wenn es eine Frau ist). Gibt es keine Angehörigen, ist ihr Einsatz immer hilfreich.

Angehörige verständigen vielleicht die Hospizgruppe, wenn sie zuwenig Zeit haben. Aber darf sich ein Außenstehender zwischen sie und den Sterbenden drängen? Medizinisch versorgt wird er meist gut. Im Heim wissen wir, wenn jemand in seiner letzten Lebensphase ist. Natürlich hat man zuwenig Zeit, aber man schaut immer mal wieder in das betreffende Zimmer. Dass es ums Sterben geht, kann man nicht immer vermitteln, und dann, irgendwie unvermittelt, erreicht man den Sterbenden nicht mehr. Sein Blick ist leer, nach oben gerichtet. Freilich kann man mit ihm beten oder ihm etwas vorlesen, wie bei Koma-Patienten dringt etwas durch. Doch das Heim, in dem der Mensch vielleicht jahrelang gelebt hat, ist ihm doch ein wenig Heimat geworden, er kennt uns und wird betreut.

Wenn ich in der letzten Lebensphase bin — will ich, dass ein wildfremder Mensch in mein Zimmer tritt und mir etwas vorliest? Es braucht Zeit, bis sich eine menschliche Beziehung entwickelt — doch diese Zeit ist knapp. Und mit der Beratung und Zusammenarbeit ist das so eine Sache. Wir im Heim würden es nicht gut aufnehmen, wenn uns jemand belehren wollte, und in der Klinik wäre es ebenso. Wie erhält der Hospizmitarbeiter die Kompetenz zugebilligt, einzugreifen und Verbesserungen vorzuschlagen? Jedenfalls sträubt sich etwas in mir, beim Thema Tod und Trauer irgendwelche Experten ins Boot zu lassen, die es ja nur gibt, weil Priester fehlen und Psychologen dazu wenig zu sagen haben.

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