Verpackung
Das grüne Büchlein von Roland Barthes habe ich doch gefunden! Darin schreibt der französische Soziologe über die Marotte der Japaner, Geschenke ganz exquisit und aufwendig zu verpacken: Das Öffnen sollte dann zu einer Art Offenbarung werden. Bei uns geht der Trend auch dahin.
Ich beobachte nur, dass Kekse in ausgesuchten Gebinden verkauft werden, dass die Milka-Schokolade in einem besonderen Plastikpapier steckt, das man gar nicht mehr richtig aufkriegt; dass überhaupt das Öffnen von Verpackungen schwierig wird. Es wird uns erschwert, zum »Ding unserer Träume« vorzudringen.
Roland Barthes erklärt uns in Das Reich der Zeichen die japanische Kunst des Pakets, des Verschnütrens. Die Hülle (der Einband) ist wertlos, wirkt aber kostbar.
Indessen schiebt diese oft wiederholte Hülle (das Auspacken eines Pakets nimmt kein Ende) eben wegen dieser Perfektion die Entdeckung des Objekts auf, das sie umhüllt — und das oft ganz unbedeutend ist, denn es ist gerade eine Besonderheit des japanischen Pakets, dass die Geringfügigkeit der Sache in keinem Verhältnis zur Aufwendigkeit der Verpackung steht … Man könnte letztlich sagen, die Schachtel sei der Geschenkgegenstand und nicht das, was sie enthält.
Zum Verpackungswahn mag ein gewisser Hygiene-Wahn beigetragen haben: Bloß keine Kontamination. Alles keimfrei und kindersicher verpacken! Und alles in Plastik. 30 Prozent des Inhalts des Gelben Sacks können weiterverarbeitet werden. Da ist man technisch vorangekommen. Die Schweizer übrigens werfen anscheinend ihren Kunststoff in den Hausmüll; wird dann verbrannt. Auch nicht schön.
Die Leute kaufen natürlich ein ohne Bewusstsein. Denen ist es egal, ob sie mehr oder weniger Plastik im Einkaufswagen haben. Rein mit den Dingern in den Gelben Sack! Die Folge sind dann bei mir im Haus 18 Säcke voll mit Plastik an jedem zweiten Donnerstag, wenn abgefahren wird. Dabei gibt es nur 18 Parteien in Vorder- und Hinterhaus. Die schaffen es also, in zwei Wochen einen gelben Sack zu füllen. (Ich brauche dazu sechs Wochen, und auch nur, weil der Plastikmüll meiner Bucht am Rheinkanal darin Platz findet.)
Regierungen und die Gesellschaft müssten für die Beseitigung des Plastikmülls das Zehnfache dessen aufwenden, das die Plastikproduktion kostet, schreibt der World Wildlife Fund (WWF).Hier bei Buggingen wurde vor drei Jahren eine riesige Halle für die Kunststoffproduktion hingestellt. Andere riesige Anlagen braucht es, um das Plastik zu recyceln. Wäre es nicht klüger, weitgehend auf Plastik zu verzichten? Im März 2022 wurde in Nairobi von vielen Staaten beschlossen, die Plastikflut einzudämmen. Aber geschieht etwas?