Bleib doch hier!
Am 29. August 2021 (der Geburtstag meiner Mutter und der erste, den sie nicht mehr auf Erden erlebte) ging es bei Sanaya um das Hiersein im Augenblick; es könne gefährlich werden, seinen Geist wandern zu lassen, weil es zu Leid führt. Im gegenwärtigen Augenblick verankert zu sein, wird uns auch von den anderen schwergemacht.
Je mehr ihr alle euch darin übt, gegenwärtig zu sein und zu wissen, was es wirklich bedeutet, hier und jetzt anwesend zu sein, desto größer wird der Frieden sein, den ihr findet. Denn ihr habt sicher bemerkt, dass euer Geist, wenn ihr nicht in diesem Moment verankert seid, nach Gutdünken zu wandern beginnt; er geht in die Vergangenheit und gräbt alle Arten Erinnerungen hervor und vor allem die, die ihr als »schlecht« bezeichnen würdet.
Ja, das kenne ich auch: Vornehmlich peinliche und blöde Episoden von früher werden mir vorgespielt, und man fragt sich: Weshalb quält man sich? Wer tut das? Sanaya:
Weil es der menschliche Aspekt von euch ist, der vom gegenwärtigen Augenblick weggeht, wird er niedrigere Schwingungen heraussuchen. Oh, eure Medienmanager kennen diese Wahrheit nur zu gut, und deshalb legen sie euch nur das Negative vor — stimmt das nicht? —, denn so bleibt ihr an das Drama angekettet.
Es geht weiter.
Und dann wandert der Geist natürlich von der Vergangenheit in die Zukunft, in der die Katastrophen stattfinden könnten. … Freilich, weil ihr menschlich seid und wegen eurer Höhlenmenschennatur seid ihr so programmiert, euch zu wappnen, und ihr haltet Ausschau nach Gefahren; wenn der menschliche Geist in die Zukunft abdriftet, spährt er aus nach Möglichkeiten, die ihn gefährden könnten.
Doch dieses Angeln nach Gefährdungen kann selbst gefährlich sein und macht unglücklich.
Ich merke, wie viele Menschen herumquatschen und mich wegzerren vom gegenwärtigen Moment. Da gibt es die, die immer nur Risiken sehen und sie groß ausspinnen, die vermutete Bedrohungen sich ausmalen und ohne Ende herumspekulieren und herumphilosophieren (oder was sie dafür halten), bis man sich in einem verbalen Nebel befindet, aus dem man kaum mehr herauskommt.
Da lag ein Mann im Sterben. Er würde in zwei Tagen gehen. Eine Kollegin stand neben mir, wir betrachteten den röchelnden Mann und sie sagte zu mir: »Schau, so geht’s uns allen einmal.« Und mein Geist wanderte; ich sah nicht mehr dieses Individuum, das sterben würde, sondern hatte nur noch die Ahnung meines künftigen Sterbens vor mir. Alle sind derart ichbezogen, dass ihnen in jeder Situation nur einfällt, was Bezug zu ihnen hat.
Ich habe einmal ein Buch über Autoverkäufer übersetzt. Eine Stelle blieb mir im Gedächtnis. Der Verkäufer sitzt neben dem potenziellen Käufer im Auto bei der Probefahrt und sagt: »Stellen Sie sich vor, dieses Auto würde Ihnen gehören; wäre das nicht toll?« (Er hätte ganz einfach sagen können: »Ist das nicht ein tolles Auto? Gefällt es Ihnen?«)
Durch seine Formulierung jedoch projizierte er den Kunden in eine Zukunft, in eine Möglichkeit hinein, und dessen Geist begann zu wandern. In dem Buch hieß es dann, kurz nach dieser Aussage des Verkäufers passiere oft ein Unfall. Klar, der Kunde driftet mit seinem Geist ab und spielt durch, wie es wäre, wenn das Auto ihm gehörte; und er ist nicht mehr ganz präsent und macht leicht einen Fehler.
Dass uns andere aus dem Hier und Jetzt entfernen, dass sie uns mitnehmen auf ihre wirren gedanklichen Ausflüge, dagegen kann man sich kaum wehren. Diesen Leuten sollte man aus dem Weg gehen. (Sie können einem leid tun; man hat das Gefühl, sie wanderten in einer steten Rauchsäule dahin.) Deshalb sehe ich auch keine Nachrichten im Fernsehen und lese keine Zeitungen. Ich will das, was ich vor der Nase habe und mehr nicht.