2. St. Galler Buch-Biennale

Eine heute in St. Gallen beginnende Veranstaltung zum Buch mit dem Thema Echt Falsch: vom Plagiat in unserer Kultur registrieren wir mal, vor allem, weil ich gerade auf dem Rückweg sein sollte und Material brauchte. Bekümmert stelle ich dabei fest, dass sich selbst St. Galler Buchfreunde nicht daran halten, dass man Adjektive im Deutschen klein schreibt, auch in einer Überschrift. Echt Falsch, das ist falsch!

Sogar Verben werden heutzutage immer häufiger groß geschrieben, und Begriffe werden fälschlicherweise in Anführungszeichen gesetzt, bloß, weil man etwas hervorheben will, weil man sich großtun will und sich sagt: Was scheren mich die Regeln! Die Großschreibung fing im Deutschen im Barock an, einer Epoche (1600 bis 1750), in der man alles rücksichtslos zudekorierte und sich aufblähte.  

Höhepunkt der zweiten St. Galler Buch-Biennale ist eine Podiumsdiskussion am 19. April in der Lokremise zum Thema, ja, und diese Remise ist ein schöner Kultur-Ort am Bahnhof, tatsächlich ein alter Lokomotiven-Abstell- und Hervorzieh-Platz, in dem auch das Kommunale Kino seinen Platz gefunden hat, das früher im Osten der Stadt ein altes Kino »bespielte«. 

Ich habe gute Erinnerungen an die Vadiana, die Kantonsbibliothek der Stadt, für mich damals (von 2005 bis 2009) nur zwei Kilometer von Zuhause entfernt. Die Mitarbeiterinnen kannten mich fast alle und waren superfreundlich, ich bin gern hingefahren und habe mir da Henry Corbin und viele andere Werke geholt, um sie dann auf meiner Mini-Terrasse an der Sonne zu lesen, während draußen im Hintergrund ein paar Kühe muhten. Die St. Galler Sammlung besteht aus mehr als 600000 Bänden und muss sich hinter Zürich und Basel nicht verstecken. 

Die Kantonsbibliothek, aus dem Inventar der neueren Schweizer Architektur

Und dann gibt es natürlich noch die berühmte Stiftsbibliothek, die uralte mit Handschriften sogar aus dem Jahre 800 oder 900, als die Mönche Inkunabeln verfertigten, also Handschriften kopierten. (Rechts: Auszug aus der »Abrogans«-Handschrift, 790 im Kloster Murbach im Elsass geschrieben. Aus dem Buch Frauen im Galluskloster, 2006) St. Gallen ist eine ruhige Stadt von 75000 Einwohnern, in der man schön lesen und studieren kann. Wenn das Wetter schön ist, fährt man einfach die elf Kilometer hinunter nach Arbon, zum See. Oder hinauf zum Säntis, dem Hausberg.  

Noch eine Information aus dem jüngsten Newsletter: Die Downloads aus der Digitalen Bibliothek Ostschweiz (Dibiost) haben sich im vergangenen Jahr verdoppelt, von 31000 auf 75000. Zum Verbund gehören 24 Bibliotheken. Statt Entleihe oder Ausleihe nun Onleihe. Nur lernt man so nicht die netten Mitarbeiterinnen der Vadiana kennen, nicht die wohlschmeckenden Produkte aus dem Kaffeeautomaten, und man sieht auch nicht den ehrwürdigen Lesesaal.

Auch die früheren Leser waren Stubenhocker, das bringt das Lesen mit sich, aber zur Ausleihe wenigstens kamen sie hinaus in die Welt, was ja auch einmal schön war.   

 

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