The Grateful Dead

The Grateful Dead war eine Rockband aus den USA, 1965 von dem Gitarristen Jerry Garcia (1942-1995) gegründet. Im selben Jahr entstanden auch The Velvet Underground. Die Dead hielten sich 30 Jahre, bis zum Tod Garcias, und machten auch schöne Folk-Musik, wie wir hier aus dem Jahr 1980 hören. Die Bedeutung des Namens The Grateful Dead (die dankbaren Toten) hat sich mir nun erschlossen.  

dreamGarcia soll den Namen einer Ausgabe der Encyclopedia Britannica entnommen haben. Ich stieß in den Internet Sacred Texts Archive auf das Buch The Grateful Dead von Gordon Hall Gerould, geschrieben 1908. Es gibt eine Vielzahl von Geschichten aus frühester Zeit und aus nahezu allen Kulturen, bei denen ein Mensch die Schulden eines Verstorbenen zahlt und dessen Leiche endlich bestatten lässt, wonach ihm hinterher der Geist des Verstorbenen erscheint und ihm einen Dienst erweist, weil er dankbar ist, ein dankbarer Toter. (Rechts die Illustration zu dem Buch in ISTA.)

beneSchon Herodot berichtet (um 450 vor Christus) uns von einem Fall, bei dem einem Mann das Begräbnis verwehrt bleiben sollte, bis seine Schulden bezahlt worden wären. Die heilige Pflicht der Bestattung Verstorbener mag es schon seit Anbeginn der Zivilisation gegeben haben, weil man natürlich Seele und Körper sich aneinander gekettet dachte, und je besser es dem Körper erginge, desto besser der Seele im Jenseits. — Bedenken wir heute, wie teuer ein Begräbnis ist: mit 3000 Euro muss man rechnen. Hat der Verstorbene kein Geld, muss der Staat einspringen, denn wir lassen den Leichnam nicht liegen.

Hall Gerould schreibt, ein wichtiges Werk verdankten wir Karl Simrock (1802-1876), der im Jahr 1856 geschrieben habe Der gute Gerhard und die dankbaren Todten. Doch trotz des Titels kommen die »Todten« kaum vor, wurde bemängelt. Wertvoller war Max Hippes 1888 erschienener Bericht Der Dank des Todten in der englischen Literatur. Danach erst lief die vergleichende Literaturwissenschaft zu Form auf, und Hall Gerould erwähnt 100 Varianten der Episode und erzählt viele, was etwas ermüdend wirkt.

irlandGreifen wir die verschiedenen Stränge heraus. — Die Grunderzählung, hier aus Dänemark: Ein junger Mann zahlt drei Mark, seine ganze Habe, an einen Priester, der diesen Betrag für die Bestattung eines Toten verlangt. Ihm schließt sich bald ein anderer Jüngling an, der der Geist des Toten ist und ihn in eine Stadt führt. Der junge Mann gibt sich dort auf Anraten seines Begleiters als Prinz aus und bekommt von diesem auch die Tricks geliefert, die ihm schließlich die Hand der Prinzessin sichern.

Nun kommt wieder ein tüchtiger deutscher Gelehrter ins Spiel: Wilhelm Hertz (1835-1902), der Die Sage vom Giftmädchen herausgab, 1893. Dabei handelt es sich um ein Mädchen, das besessen ist: eine Art Vampirerzählung. In einem armenischen Märchen stößt ein Mann auf eine Leiche, die im Baum hängt und von dessen Gläubigern malträtiert wird. Der Mann zahlt die Schulden und begräbt den Leichnam. Dann verarmt er. Ein reicher Mann bietet ihm als Braut seine Tochter an, deren letzte fünf Ehemänner allesamt in der Hochzeitsnacht gestorben sind. Ein Diener bietet sich ihm an, will aber die Hälfte seines künftigen Vermögens haben. Er soll das Mädchen heiraten, rät er.

In der Hochzeitsnacht kommt eine Schlange aus dem Mund der Braut, und der Diener schlägt ihr den Kopf ab. Er will nun die Hälfte des Vermögens, also auch die Hälfte der Braut und schickt sich an, diese zu zerteilen, als eine zweite Schlange erscheint. Der Diener sagt nun rasch, er sei der Geist des verstorbenen Mannes und verschwindet.

Der Handlungsstrang der geraubten Frau lässt sich an einer Geschichte aus Litauen gut darstellen: Der Sohn eines Königs zahlt 300 Goldmünzen (alles, was er hat), um einen Toten aus den Händen seiner Gläubiger zu befreien und ihn zu bestatten. Er wird dann Kaufmann und findet auf einer einsame Insel eine Prinzessin, die Schiffbruch erlitt. Er nimmt die Frau mit und heiratet sie in der Stadt. Jedoch trifft ein Bote ein, entsandt vom Vater der Prinzessin. Er führt die beiden auf ein Schiff, wo er den Ehemann ins Wasser stößt, um die Belohnung für die Prinzessin zu kassieren. Doch ein Mann in einem Boot rettet den Schwimmer und zeigt ihm, wie er seine Frau wiedergewinnen kann: Es war der Geist des Toten.

2022-01-23-0001Einen Anknüpfungspunkt finden wir in Grimms Märchen Der gestiefelte Kater, der dem Jungen zu seinem Glück verhilft. Wenn es nicht ein dankbarer Toter ist, der hilft, so ist es in den Märchen manchmal ein Engel oder manchmal ein Kater, dem man einen Dienst erwiesen hat, denn auch Tiere sind dankbar, wie wir morgen hören, und Güte zahlt sich aus, schon in diesem Leben. Sagt das Märchen. Wünscht sich das Märchen.

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