Das Böse in der Soap

Ich lese gerade Edera, die angeblich erste Soap Opera im italienischen Fernsehen, 1992 in vielen Folgen ausgestrahlt. Andrea liebt Edera, das Mädchen, das in einem Kloster aufwuchs, doch seine Mutter Leona will ihn mit Claudia verkuppeln, um eine standesgemäße und Wohlstand bringende Heirat zuwege zu bringen. Leona ist die Böse.

Vor einem Jahr hatte manipogo einmal über die böse Frau im Märchen geschrieben, da steht schon viel Richtiges drin. Auch in Fernseh-Episoden wird das Böse meist durch eine intrigante Frau verkörpert, weil Machenschaften hinter den Kulissen immer innere Spannung erzeugen. Die Männer sind meist brutal und direkt, aber nicht besonders schlau. Wie im Leben.

Das Problem des Bösen hat die Menschheit nie losgelassen. Satan lehnt sich gegen den Herrn auf und wird ausgestoßen. In der persischen Mythologie schafft Ahura Mazda etwas Gutes, doch sogleich fällt ihm Angra Mainyu in den Rücken und erschafft etwas Schlechtes. Auch andere Völker griffen zum Dualismus und stellten dem Reich des Lichts das Reich der Finsternis gegenüber, und die Gnostiker meinten gar, Gott der Herr bleibe im Hintergrund und der Schöpfer der Welt sei der Demiurg, der es gar nicht gut mit den Menschen meine und den wahren Gott täuschte.

Wieso hat Gott der Allmächtige das Böse erschafffen? wird gern gefragt. Vielleicht ist die Antwort ganz einfach: Es geht nicht anders, es steckt im System.Indem wir mit dem Bewusstsein beschenkt wurden, können wir uns selbst wahrnehmen und erkennen unsere Bedürfnisse. Der freie Wille ist uns damit auch geschenkt, es ist der Grundpfeiler unserer Existenz. Bewusstsein führt zum Ego, das sich ausleben will. Nicht alle halten sich an Kant, der meinte, wir sollten andere so behanden, wie wir selber behandelt werden wollen. Es gibt primitive ichsüchtige Charaktere, die sich auch über das Leiden anderer hinweg durchsetzen wollen. Das hat in den Jahrhunderten zu unermesslichen Tragödien geführt: die Könige in ihrer Verblendung, die Kämpfer in ihrer Wut, Fabrikherren und Feldherren. Das Böse ist das sich blähende Ego, und meist war das Böse männlich.

Damit will ich sagen: Weil wir frei sind, können wir auch böse sein. Erst wer aufgeklärt ist und Empathie besitzt, erkennt, wo seine Grenzen liegen sollten. Wer jetzt brutal ist und seine Interessen gnadenlos wahrnimmt, wird über Jahrhunderte und in vielen Leben lernen, das dies nicht der Weg ist. Es ist ein Lernprozess für ihn und die ganze Menschheit, und weit sind wir darin noch nicht gekommen.

 

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