Kreuzritter im Gedicht

Der edelmütige Ritter hat noch Jahrhunderte die Fantasie von Dichtern beflügelt, und auch die Kreuzzüge wurden verklärt und lyrisch verbrämt; an die Gräuel dachte man nicht. So schreibt Novalis (1772-1801) tatsächlich: »Wir waschen bald mit frohem Mute / Das heil’ge Grab mit Heidenblute.« Trotzdem müssen wir sein Gedicht Das Lied des Kreuzfahrers betrachten.

Um 1800, als Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen schrieb, lagen die Kreuzzüge 600 Jahre zurück. Die Gegenwart kommt dem jungen Heinrich schal und fade vor, er sehnt sich nach heldenmütigen Unternehmungen und innerer Bewegung.

Das Lied des Kreuzfahrers

Das Grab steht unter wilden Heiden;
Das Grab, worin der Heiland lag,
Muss Frevel und Verspottung leiden
Und wird entheiligt jeden Tag.
Es klagt heraus mit dumpfer Stimme:
Wer rettet mich vor diesem Grimme!

Wo bleiben seine Heldenjünger?
Verschwunden ist die Christenheit!
Wer ist des Glaubens Wiederbringer?
Wer nimmt das Kreuz in dieser Zeit?
Wer bricht die schimpflichsten der Ketten
Und wird das heil’ge Grab erretten?

Gewaltig geht auf Land und Meeren
In tiefster Nacht ein heil’ger Sturm;
Die trägen Schläfer aufzustören,
Umbraust er Lager, Stadt und Turm.
Ein Klageschrei um alle Zinnen:
Auf, träge Christen, zieht von hinnen!

Es lassen Engel aller Orten
Mit ernstem Antlitz stumm sich sehn,
Und Pilger sieht man vor den Pforten
Mit kummervollen Wangen stehn;
Sie klagen mit den bängsten Tönen
Die Grausamkeit der Sarazenen.

Es bricht ein Morgen, rot und trübe,
Im weiten Land der Christen an.
Der Schmerz der Wehmut und der Liebe
Verkündet sich bei jedermann.
Ein jedes greift nach Kreuz und Schwerte
Und zieht entflammt von seinem Herde.

Ein Feuereifer tobt im Heere,
Das Grab des Heilands zu befrei’n.
Sie eilen fröhlich nach dem Meere,
Um bald auf heil’gem Grund zu sein.
Auch Kinder kommen noch gelaufen,
Und mehren den geweihten Haufen.

Hoch weht das Kreuz im Siegspaniere,
Und alte Helden stehn voran.
Des Paradieses sel’ge Thüre
Wird frommen Kriegern aufgethan;
Ein jeder will das Glück genießen,
Sein Blut für Christus zu vergießen.

Zum Kampf, ihr Christen! Gottes Scharen
Ziehn mit in das gelobte Land,
Bald wird der Heiden Grimm erfahren
Des Christengottes Schreckenshand.
Wir waschen bald mit frohem Mute
Das heil’ge Grab mit Heidenblute.

Die heil’ge Jungfrau schwebt, getragen
Von Engeln ob der wilden Schlacht,
Wo jeder, den das Schwert geschlagen,
In ihrem Mutterarm erwacht.
Sie neigt sich mit verklärter Wange
Herunter zu dem Waffenklange.

Hinüber zu der heil’gen Stätte!
Des Grabes dumpfe Stimme tönt!
Bald wird mit Sieg und mit Gebete
Die Schuld der Christenheit versöhnt!
Das Reich der Heiden wird sich enden,
Ist erst das Grab in unsern Händen.

»Die Grausamkeit der Sarazenen« … wurde von der Grausamkeit der Kreuzritter in den Schatten gestellt. Die »Heiden« waren sittsamer als die fanatisierten Ritter, denen der Papst die Vergebung ihrer Sünden in Aussicht stellte. Er hatte auch nichts dagegen, dass sie sich durch ein wenig Raub und Mord bereicherten. Das wollte alles Gott, deutete er an.

Ein halbes Jahrhundert nach Novalis schreibt Joseph von Eichendorff (1788-1857) schon etwas distanzierter, und man meint sogar etwas Ironie herauslesen zu können. Der Ritter ist nicht zu denken ohne eine Frau.

Die Nonne und der Ritter

Da die Welt zur Ruh gegangen,
Wacht mit Sternen mein Verlangen;
In der Kühle muss ich lauschen,
Wie die Wellen unten rauschen.

»Fernher mich die Wellen tragen,
Die an Land so traurig schlagen
Unter deines Fensters Gitter:
Fraue, kennst du noch den Ritter?«

Ist’s doch, als ob seltsam‘ Stimmen
Durch die lauen Lüfte schwimmen;
Wieder hat’s der Wind genommen —
Ach, mein Herz ist so beklommen!

»Droben liegt dein Schloss verfallen,
Klagend in den öden Hallen
Aus dem Grund der Wald mich grüßte —
’s war, als ob ich sterben müsste.«

Alte Klänge blühend schreiten
Wie aus lang versunknen Zeiten
Will mich Wehmut noch bescheinen,
Und ich möcht vor Herzen weinen.

»Überm Walde blitzt’s vom Weiten,
Wo um Christi Grab sie streiten;
dorthin will mein Schiff ich wenden,
Da wird alles, alles enden!«

Geht ein Schiff, ein Mann stand drinne —
Falsche Nacht, verwirrst die Sinne,
Welt ade! Gott woll bewahren,
Die noch irr im Dunkeln fahren.

Dann erzählt Eichendorff auch noch die Sage um Friedrich Barbarossa, Friedrich I. von Hohenstaufen, der das Heilige Römische Reich deutscher Nation gründete. 1152 wurde er König, und 1155 krönte ihn Papst Hadrian IV. zum Kaiser. Friedrich hatte über Jahrzehnte viele Kämpfe gegen den Papst, die lombardischen Städte und den byzantinischen Kaiser zu bestehen. Er war 66 Jahre alt, als er, der unbestreitbare charismatische Held, sich 1189 in einen Kreuzzug stürzte. Hartnäckig hält sich die Geschichte, dass er, der Nichtschwimmer, in einem Fluss ertrunken sei. Piers Paul Read jedoch schreibt:

Die Türken wurden entscheidend geschlagen, der Weg für die Kreuzfahrer war frei. Ungehindert weiter vorrückend, stiegen sie aus dem Taurusgebirge in die Ebene von Seleucia hinab. Aber beim Übergang über den Calycadnus stürzte Kaiser Friedrich ins Wasser und ertrank, vom Gewicht seiner Rüstung auf den Grund gezogen. 

Das konnten spätere Generationen nie verwinden, und so entstand die Legende um Kaiser Friedrich Rotbart (Barbarossa), der nicht tot sei, sondern im Berg auf seine Rückkehr warte. Die Barbarossa-Sage in der Version von harzlife, einem Online-Reiseführer:

Man erzählte sich, dass er sich mit seinem gesamten Hofstaat verzaubert in den Bergen des Kyffhäusers aufhalten soll. Dort, in einem unterirdischen Schloss, sitzt der Kaiser an einem Tisch mit seiner goldenen Krone auf dem Kopf. Des Kaisers Bart sei bereits durch diesen Tisch hindurch gewachsen und reicht schon zweimal um diesen herum.

Wenn die Zeit reif ist, wird Barbarossa aus dem Berg herauskommen und sein Reich wieder neu errichten. Alle einhundert Jahre schickt er deshalb einen Zwerg hinaus, welcher nachsehen soll, ob die Raben noch immer um den Berg herumfliegen. Ist dies der Fall, ist die Zeit des Erwachens für den Kaiser Barbarossa noch nicht gekommen. Er verfällt für weitere einhundert Jahre in seinen Zauberschlaf.

Eichendorff erzählt die Sage auf seine Art:

Auf einer Burg

Eingeschlafen auf der Lauer
Oben ist der alte Ritter;
Drüber gehen Regenschauer
Und der Wald rauscht durch das Gitter.

Eingewachsen Bart und Haare,
Und versteinert Brust und Krause,
Sitzt er viele hundert Jahre
Oben in der stillen Klause.

Draußen ist es still und friedlich,
Alle sind ins Tal gezogen,
Waldesvögel einsam singen
In den leeren Fensterbogen.

Eine Hochzeit fährt da unten
Auf dem Rhein im Sonnenscheine,
Musikanten spielen munter,
Und die schöne Braut, die weinet.

 

 

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