Fahrradmuseum und Finale

Nun ist unser Fahrradtreffen zu Ende. Am Tag nach dem großen Finale wurde es wieder hell, und der Regen verzog sich. Das 41. Jahrestreffen der IVCA in Cremona war dennoch eine schöne Veranstaltung. Am letzten Abend zählte der Veranstalter 320 Teilnehmer, die ein Menü bekamen und zur Musik der Band Equipe 354 rockten. 

Alfredo Azzini war der erwähnte Organisator, der Besitzer eines Fahrradmuseums in Soresina. Italien hat auch viele Sammler und Museen, doch zum ersten Mal trafen sich die Freunde der Veteranen-Fahrräder in Italien. IVCA heißt ja International Veteran Cycles‘ Association. Nach dem Besuch des Museums und dem Mittagessen fuhren alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Kostüm in die Innenstadt, beschützt von der Polizei und geführt von der vorn fahrenden Fahrradtruppe der Bersaglieri (eine paramilitärische Organisation von Fahrrad- und Blasmusikfreunden). Sie spielten auf dem Hauptplatz auch das berühmte Lied aus Nabucco, das jeder kennt: Va pensiero. Das ist immer ergreifend.

Davon habe ich keine Fotos. Und dann der Gala-Abend mit Preisverleihung und der Band, die bis um halb zwei am Morgen spielte. Das Organisationsteam war rührend bemüht und italienisch-beschwingt. Alle diese Menschen aus Tschechien, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Belgien und England (ein Kanadier war auch dabei, Glen Norcliffe) unteerghielten sich, sprachen dem Wein zu und waren gut gelaunt. Es klingt irgendwie banal, aber so sollte Leben sein: Dass Unterschiede keine Rolle spielen und ein gemeinsames Ziel alle eint. Ich war sechs Jahre nicht mehr dabei und war wieder begeistert. Was für ein Chaos, was für Leben! Dabei waren wenig junge Menschen darunter, die meisten mochten die 50 schon überschritten haben.

Gegen Mitternacht verschenkten die Mitarbeiter kistenweise Rotwein aus Apulien, und Bier und Wasser warebn auch gratis. Das ist italienische Großzügigkeit!

Das Organisationsteam, und hinten in Blau Alfredo Azzini

Das Organisationsteam, und hinten in Blau Alfredo Azzini

Vielleicht gelingt es mir, noch ein paar Fotos einzubauen. Erst das Organisationsteam, dann noch ein paar Räder aus dem Fahrradmuseum. Macht irgendwie keine Freude, und der Browser zeigt die eingeplanten Bilder nicht.

Zum Glück hatte ich schon viele Beiträge eingeplant; dann lassen wir halt Lücken dazwischen. Komisch, zu Hause bin ich geistig auf der Höhe und voll konzentriert, unterwegs klingt dann alles banal und uninteressant.

Ich will noch erwähnen, dass es in Cemona fast keine E-Bikes gibt. Viele fahren mit dem Rad, ähnlich wie in Ferrara, und natürlich mehr Frauen als Männer.

Im Violinmuseum Cremona war ich auch, nicht nur, weil ein Vorfahr mütterlicherseits (ein Jais) im 18. Jahrhundert den berühmten Geigenmacher Matthias Klotz (1653-1743) in Mittenwald als Lehrmeister hatte, wo es auch eine Geigenbauschule gibt: das deutsche Cremona!

Cremona ist die Stadt von Stradivari, Amati und Guarneri. Ein guter Bekannter, der zwei Tage vorher dort war, fand das Museum der Violine überladen, und ich verstehe, was er meint: Die Darstellungsart ist hier (wie oft) wichtiger als das Dargestellte, das Museum prunkt mit Aufwand und edelsten Materialien.

Da sind 100 Geigen in Vitrinen ausgestellt und 100 Namen berühmter Geigenmacher aufgelistet mit Biografie. Doch was habe ich davon? Das ist nur die Oberfläche. Ich hätte gern gewusst, was einen hervorragenden Geigenmacher auszeichnet, worin seine Genialität liegt. Worauf wird er achten? Wieso klingt eine Geige besser als eine andere? Muss man vielleicht darauf achten, dass das Holz bei Vollmond geschnitten wird?

Diese Fragen wurden nicht angeschnitten, anscheinend interessiert das andere Leute nicht. Aber man könnte uns mal mit neuen Gedanken und Problemstellungen überraschen. Doch die Museumsleute wollen anscheinend nur Objekte möglichst wirkungsvoll ins Licht rücken. Auch sie sind Kinder ihrer Zeit.

Und noch was: Heute vor 150 Jahren starb Alessandro Manzoni im Alter von 87 Jahren, viel betrauert. Mit I promessi sposi (Die Verlobten) schrieb er einen Roman, den seit Jahrzehnten italienische Schülerinnen und Schüler lesen müssen. Als wir vor 5 Tagen durch Lecco fuhren, erzählte ich meinen Schweizer Freunden davon — und von dem sagenhaften ersten Satz, der schier kein Ende nehmen will. So lautet er:

»Quel ramo del lago di Como, che volge a mezzogiorno, tra due catene non interrotte di monti, tutte a seni e a golfi, a seconda dello sporgere e del rientrare di quelli, vien, quasi a un tratto, a ristringersi, e a prender corso e figura di fiume, tra un promontorio a destra, e un’ampia costiera dall’altra parte; e il ponte, che ivi congiunge le due rive, par che renda ancor più sensibile all’occhio questa trasformazione, e segni il punto in cui il lago cessa, e l’Adda rincomincia, per ripigliar poi nome di lago dove le rive, allontanandosi di nuovo, lascian l’acqua distendersi e rallentarsi »in nuovi golfi e in nuovi seni.«

Schwierig zu übersetzen, dieses Monstrum. Die erste Version der Verlobten erschien vor 200 Jahren als Fermo und Lucia. Später heißt der Liebende Renzo und will sie heiraten, aber ein Adeliger hat sein Auge auf Lucia geworfen, weshalb der feige Pfarrer Don Abbondio die beiden armen jungen Leute nicht trauen will. Der Roman spielt um 1630 unter spanischer Besatzung und auch während der Pest in Mailand. Nach vielen Wirren geht alles gut, glaube ich.

 

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