Der Sonnenuntergang
Anscheinend ist das Bild vom Sonnenuntergang auf Santorini auf Facebook äußerst beliebt. In Oia gibt es einen Sunset Boulevard, der an der Kante des Dorfes Richtung Meer entlangführt. Dort ballen sich die Touristen zu einer Masse zusammen. Schwer zu schätzen, vielleicht tausend.
Sie quälen sich hin, um dem Untergang des Sonnenballes zu sehen und möglichst auch zu fotografieren; sie liefern sich dem aus, wie der Christ früher zur Messe ging: pflichtschuldigst und in der vagen Hoffnung, womöglich doch von einer schönen Emotion gestreift zu werden, aber wie ginge das im Gedränge und der Hitze anderer Körper, inmitten von Ausrufen und hochgehaltenen Smartphones? Den Sonnenuntergang zu sehen ist die Anbetung der Touristen, von der man jedoch nicht weiß, wem sie gilt.
Ich stand nah, war an eine Mauer gepresst, und nachdem der feurige Ball verschwunden war, drängten sich alle an mir vorbei, Hunderte, vielleicht tausend: alles Menschen, die geschmackvoll sommerlich gekleidet sind und die man gern haben kann, die etwas suchen und es nicht gefunden haben, aber ein gutes Abendessen würde sie entschädigen. — Doch jemand hat den Sonnenuntergang ftografiert, alleine in einer Bar weitab. — Und sonst noch ein paar Fotos, auch welche mit mir, kann mal sein, und am Ende nochmal der Untergang: auf der Fahrt zum Flughafen.