Bis nächstes Jahr

Wir gingen an unserem letzten Abend auf Santorini wieder einmal in Filippos‘ Taverne am Strand von Perivolos, zum dritten Mal, weil es Live-Musik geben sollte. Der Chef, Filippos selbst, sagte uns mit trauriger Miene: »The last evening.« Die Saison endete bei ihm also mit dem September; bis zum nächsten Jahr! 

20231001_152429Nicht alle machen dicht, aber die Badegäste waren in den letzten Septembertagen nicht mehr sehr zahlreich, so dass dort, wo sich ein Restaurant ans nächste reiht, es nicht mehr genug zu verdienen gibt. Das Wetter war windig, doch die Sonne stach immer noch.

Vorn links saß im Lokal der Geiger, den wir schon kannten, und begleitet wurde er von einem Mann an der schön anzusehenden Bouzouki, der den Rhythmus spielte. Und dann ging es los, und sie spielten unermüdlich zwei Stunden lang traditionelle Musik, die ziemlich orientalisch wirkt, und manchmal sang der Geiger dazu. Auch an irische Musik musste ich denken, und da gibt es tatsächlich auch eine Bouzouki.

Wir ließen uns den Greek Salad schmecken, Pita und Weinblätter und Tzatziki, Fisch und Huhn. Mittlerweile kannten wir die Kellner und Filippos und seine resolute Frau. Nach dem dritten Mal gehörst du dazu und bist nicht nur Kunde, sondern ihr seid befreundete Kunden, die gern bedient werden. Wir sind ja auch sympathisch!

thquinnAn einem Tisch saßen junge Leute, zwei Männer und ein paar dunkel geschminkte Frauen, die bald aufstanden, sich an den Händen fassten und zur Musik sich im Kreis bewegten. Ein Mann war beweglich wie eine Schlange und ein Meister des griechischen Tanzes. Wer erinnert sich nicht an den Film »Alexis Sorbas«, in dem Anthony Quinn von seinem jungen amerikanischen Freund aufgefordert wird: »Teach me to dance!« Ihr lang geplantes Bauwerk war zusammengestürzt, eigentlich Grund zum Jammern, doch was soll’s, Leben geht weiter, und so ruft Quinn alias Sorbas »Come on, my boy!«, und sie tanzen den Sirtaki.

Ein kleines Mädchen, das vielleicht drei, höchstens vier Jahre zählte, fand es toll, Teller zu zertrümmern. Das ist in Griechenland so Brauch. Die Gäste bekommen einfache Teller auf den Tisch gelegt, die sie, wenn sie die Musik mochten, auf die Tanzfläche schmeißen sollen, damit sie zerbrechen — wie wir es an Polterabenden machen. Die Kleine packte sich also einen Teller nach dem andern, hielt ihn hoch über den Kopf und warf ihn dann aus Leibeskräften zu Boden. Alle applaudierten. Giovanna hat sogar ein Video gemacht, das wir uns anschauen können: IMG_4507

Filippos, der kleine Dicke mit dem weißen Hemd, kam zu uns, leicht angetrunken, und stellte uns eine Karaffe mit einem halben Liter Weißwein hin und grinste. Anscheinend ein Geschenk des Hauses. Nichts zu machen, das musst du trinken, und da Giovanna verweigerte, blieb die Aufgabe an mir hängen, aber so etwas ist eine der leichteren Übungen, und später kam noch Filippos Frau mit zwei Schnäpsen vorbei und klagte, leicht werde ihr das nicht, es sei ja der letzte Abend. Die Musik spielte immer weiter, ein paar Gäste waren noch da, und schließlich verabschiedeten wir uns herzlich von allen, und ich nickte den Musikern zu, evcharisto. Wir hatten nur 200 Meter zur Wohnung, über dem Meer zur Linken stand der volle Mond und ließ es erglänzen, und die Luft war seidenweich.

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Am nächsten Tag, dem unserer Abreise, schaute ich am Nachmittag noch einmal vorbei bei Filippos. Die Sonnenschirme lagen im Restaurant, die Liegen waren aufgestapelt, ebenso die weißen Stühle. Der Chef, seine Frau und einige Mitarbeiter saßen im Kreis und mampften Döner. Ich bedankte mich noch einmal und tröstete sie: Es gibt einen Neubeginn! Jedes Ende führt zu einem neuen Anfang, nichts ist verloren. Wir erinnern uns gern an Filippos und seine Taverne. Sie leben ja hier, er besitzt anscheinend Weinreben, und sie werden sich die Zeit bis April, wenn die nächste Saison beginnt, schon vertreiben.

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