Eine Stimme für Ugandas Frauen
Beim Herumlesen kann man erstaunliche Entdeckungen machen. Am 3. Mai 1996 gründeten ugandische Schriftstellerinnen ihre Vereinigung FEMRITE, um sich in der Männerwelt ihres Landes zu behaupten und den Frauen damit eine Stimme zu geben.
Der Artikel, auf den ich stieß, ist von Susan Nalugwa Kiguli und heißt »Die Stimmen der ugandischen Schriftstellerinnen«, und ganz deutlich verkündeten die Autorinnen 2006:
»Das Narrativ der Frau ist unter der patrarchalischen Herrschaft weitgehend verstummt. … Die Erzählungen der Frauen und ihr Schreiben haben ungeahnte Kraft.« Auch ihr Tanzen und Singen: Zu dem Bild unten der »Ndege Women Farmers Group« gibt es ein Video, das ich einzubauen versuche … sieht aber gut aus!
Erwähnt wurde die Verletzlichkeit und die Unsichtbarkeit der schreibenden Frauen, die sich auf Judith Butler und ihr Konzept des prekären Lebensläufe beziehen. Eine weitere Theorie kam von Obioma Nnaemeka: der »Nego-Feminismus«. Es sei der Feminismus der Verhandlungen (negotiations) und außerdem ein No-ego-Feminismus. Ja, man arbeitet auch mit Männern zusammen. Außerdem haben die Schriftstellerinnen ein Netzwerk, das African Women Writers‘ Initiatives Network (AWWNET). Es gibt auch Arbeitsaufenthalte für Schriftstellerinnen und Buchprojekte.
Auch die ugandischen Unternehmerinnen haben eine Dachorganisation, die »Rising Women«. Olivia, die uns in ihrer Kaffeeplantage auf dem Berg am vergangenen Donnerstag zu Gast hatte und auch für uns kochte, ließ sich von uns nach Mbale mitnehmen und fuhr weiter in die Hauptstadt Kampala zu einer Konferenz der aufstrebenden, sich erhebenden oder zukunftsorientierten (wie man »rising« übersetzen könnte) Frauen, zu denen sicher auch die Ndege-Group gehört, die singt und tanzt.
Durch Femrite entstanden in den Jahren Anthologien wie »Tears of Hope«, worin es um sexuellen Missbrauch geht. Femrite will ein Kanal sein für verletzliche und marginalisierte Frauen. »Opfer werden Handelnde und erzählen ihre Geschichten«: Mit dieser Leitlinie erzählen Frauen, die den Terror der Kony-Armee im Norden Ugandas erlebten, was sie ausgestanden haben, und Autorinnen schreiben alles auf, und so werden Sammelbände veröffentlicht. In den vergangenen Jahren wurde mehr auf die Kurzgeschichte Wert gelegt, weil kürzere Texte lieber gelesen werden.
Da wäre es natürlich schön gewesen, eine der Autorinnen zu treffen, von denen es viele gibt mit (für uns) abenteuerlichen Namen: Floria Nwapa, Gracie Ogot, Mariama Ba, Mary Karooro Okurut, Pumlöa Gqola, Hilda Twongyeirwe, Dovina Kawuma. (Hoffentlich habe ich sie richtig geschrieben.) Leider bleibt für ein Treffen zu wenig Zeit. Im Buchladen von Mbale werde ich mir etwas von ugandischen Schriftstellerinnen holen. (Das mit den Links klappt unterwegs auch nicht; ich arbeite daran.)
Im Gästehaus von Salem traf ich zufällig die Kanadierin Barb Orlowsky, die, eingeladen von ugandischen Pfarreien, über die Rolle der Frau in der Bibel sprach mit dem Fazit, Frauen seien gleichberechtigt. Sie erzählte mir, bei einem Vortrag am vergangenen Sonntag seien 200 Zuhörer dagewesen, zumeist Frauen vom Land, und ein Pfarrer habe ausgerufen: »Wir haben uns geirrt!« Frau Orlowsky betreut die Website »churchexiters.com«, die sich an Menschen richtet, die durch eine strenge religiöse Erziehung »spirituellen Missbrauch« erlebten.
Auch sie wirkt mit, dass sich an der Lage der Frau in Afrika und speziell in Uganda etwas ändert. Es gibt eine Art Pflichtenheft für die Ehe in Uganda, in dem die Frau viele viele Pflichten hat, der Mann aber mit 4 bis 5 Zeilen davonkommt. Und diesen wenigen Pflichten entziehen sich Männer auch noch gern. Er kenne viele Fälle, in denen die Frauen ihre Kinder allein aufziehen müssten, sagte unser Reiseleiter Siggi. Wenn die Frau schwanger wird, verlangt der Mann die Abtreibung oder verschwindet. Außerdem greifen Männer zu Gewalt.
Am 1. Dezember rief das Frauengremium des Obersten Moslemischen Rats in der Hautstadt Kampala zu einem Kolloquium auf: »Stoppt die Gewalt gegen Frauen! Häusliche Gewalt beeinträchtigt die sozial-ökonomische Entwicklung.« Solche Initiativen machen Mut.