Die Volva und die neue Welt (3)

Natürlich ist auch die Voluspa mehrmals ins Deutsche übertragen worden, etwa 1876 von Karl Simrock. Ihr könnt hier hineinlesen und werdet finden, dass meine Fassung, 150 Jahre später entstanden, viel eleganter klingt. Ich bin ja auch stolz auf sie! Vor drei Jahren hatten wir sie schon, die neue Welt.

45
RgemetzelEs kämpfen die Brüder / und töten sich gleich,
Die Söhne der Schwestern / beflecken das Reich.
Schweres Leben / Huren regieren die Welt
Axt-Zeit, Schwert-Zeit, / zerbrechende Schilde
Wind-Zeit, Wolfs-Zeit, / ehe alles zerfällt.
Kein Mann schont den andern, / es gibt keine Milde.

46
Vor rücken die Söhne von Mim, / und sie haben
Gehört ihr Schicksal / durchs Gjallarhorn.
Laut bläst Heimdall, / sein Horn ist erhaben
Vor Angst erstarren, / die auf dem Höllenweg vorn.

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Yggdrasil erbebt, / es zittert schon ihr Gebein
Die alten Äste und Blätter, / der Riese ist los
Auf den Kopf von Mim / schlägt Odin ein.
Bald erfüllen Surts Mannen / sein schreckliches Los.

48
Was machen die Götter? / Was machen die Elfen?
Ganz Jotunheim stöhnt, / die Götter beraten, sie sorgen sich sehr.
Laut brüllen die Zwerge, / sie wollen mithelfen,
Die Meister der Felsen, / willst du noch mehr?

49
Es heulte der Wolf, / tat vor Gnipahellir stehen
Die Zäune zerbrechen, / er ist frei und rennt weiter,
Gar vieles weiß ich, / noch mehr kann ich sehen
Vom Schicksal der Götter, / der mächtigen Streiter.

50
Von Osten kommt Hrym, / den Schild hoch erhoben,
In Riesen-Zorn / die Schlange sich windet;
Zischt über die Wellen, / der Adler, von oben
Frisst an schreienden Körpern, / und Naglfar entschwindet.

51
Von Nord, her vom Meer / ein Schiff erscheint
Mit den Leuten von Hel / und Loki am Bug
Dem Wolf folgen / wilde Männer, vereint,
Und der Bruder von Byleist / geht mit dem Zug.

52
Surt kommt von Süden / mit der Peitsche aus Zweigen
In der Sonne der Kriegsgötter / erstrahlt sein Schwert.
Die Klippen zerschellen / die Riesinnen hinabsteigen
Massen von Toten gehen zur Hölle / ihnen ist der Himmel verwehrt.

Frigg ist Odins Frau, und Hlin ist ein anderer Name für sie.

53
Nun muss Hlin noch größeren / Schmerz erleiden,
Denn Odin wird / von dem Wolf angefallen.
Die Kämpfer von Beli / sich für Surt entscheiden,
Er tötet Odin / Friggs Freude muss fallen.

54
Dann kommt Sigvaters / mächtiger Sohn
Vithar, und kämpft / gegen den Wolf, der faucht.
In den Sohn des Riesen / stößt er sein Schwert schon,
Den Vater er rächt / tief ins Herz er es taucht.

55
Von dort her / kommt Hothyns Sohn empor
Das Maul der Schlange / ist offen zum Himmel.
(…)
Odins Sohn / geht gegen die Schlange vor.

56
Vor Wut tobt der, / der die Erde beschützt.
Die Männer alle / müssen die Heime verlassen.
Neun Schritte macht Fjorgyns Sohn / nichts es nützt,
Durch die Schlange gemordet / muss er, der Mutige, verblassen.

57
Die Sonne wird schwarz, / die Erde sinkt in Meeres Bauch.
Die heißen Sterne / sind geschleudert vom Himmel.
Die Flamme des Lebens / erzeugt beißenden Rauch
Das Feuer reicht hoch / hinauf bis zum Himmel.

58
Es heulte der Wolf, / tat vor Gnipahellir stehen
Die Zäune zerbrechen, / er ist frei und rennt weiter,
Gar vieles weiß ich, / noch mehr kann ich sehen
Vom Schicksal der Götter, / der mächtigen Streiter.

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Nun sehe ich / neu die Erde, die lebt.
Über den Wellen / herrscht Grün, satt und frisch.
Der Katarakt fällt / und der Adler, er schwebt
Und unter den Klippen / fängt er Fisch.

60
In Ithavoll treffen / die Götter sich wieder
Vom Schrecken sie reden, / vom furchtbaren Leid,
Von dem was war, / die vergangenen Lieder
Und von den alten Runen / aus urewiger Zeit.

61
In seltener Schönheit, / wiedergewonnen,
Stehn die goldenen Stühle / auf einer Wiese,
Die den Göttern gehörten / in den Tagen verronnen.
(…)

62
Die Felder von selbst / reiche Frucht haben
Die Kranken gesunden / Baldr kommt wieder her,
Und Baldr und Hoth / sich in Hropts Schlachthalle laben
Und die mächtigen Götter: / willst du noch mehr?

63
Dann gewinnt Hönir / den prophetischen Stab,
(…)
Und den Söhnen der Brüder / von Tweggi man gab
Vindheim, um dort zu leben: / willst du noch mehr?

64
Schöner als die Sonne / eine Halle voll Ehren,
Sie steht auf Gimle, / ihr Dach ist aus Gold.
Dort werden die wahren / Herrscher verkehren
Und stets glücklich sein: / Es ist so gewollt.

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Von oben kommt / mit all seiner Macht
Ein gewaltiger Herr / regiert übers Land.
(…)

66
Der dunkle Drache / kommt aus der unteren Welt
Von Nithjafjoll herbei Nithhogg fliegt.
Die Körper von Toten / auf den Flügeln er hält,
Die helle Schlang‘ / doch ich sinke, mir die Stimme versiegt.

 

Der Name des neuen Herrschers wird uns nicht verraten. Mit den beiden letzten Zeilen kehrt die Volva wieder in die Erde zurück, die Weise. Die letzte Stanza passt nicht richtig und gehört vielleicht unter den Krieg; auch andere Strophen sind verschwunden oder verdreht. So ist das mit Werken, die 1000 Jahre alt sind.

 

 

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