The Royal Scam
Reminiszenzen in Rock. Da gab es einen wunderbaren Song von Steely Dan, den ich richtig vermisste, und eines Tages fand ich die Langspielplatte, auf der er war, in einem Stapel im Keller. The Royal Scam von 1976 ist es. Darauf ist jeder Song eine Offenbarung, und los geht es mit Kid Charlemagne, meinem Favoriten: »While the music played, you work by candlelight, on a San Franciscan night, in the best of towns …«
Donald Fagen und Walter Becker waren und sind Steely Dan, und Becker zieht auf Kid Charlemagne eines der besten Gitarrensoli der Rockmusik ab, da fliegt man mit, dreht Pirouetten und Loopings und landet mit der Gitarre wieder, fast atemlos. Die Stücke basieren auf simplen Rhythmen und durchsichtiger Instrumentation, aber sie klingen südlich, nach New Orleans und Miami: gebremste Leidenschaft, aber wie perfekt!
Damit die Songs Leben gewinnen, müssen die Elemente exakt ineinandergreifen. Manche Musiker kommen mit fertigen Konzepten ins Studio; andere (wie die Rolling Stones) haben im Studio zusammen ihre Alben geschaffen, in tagelangen, kräftezehrenden Sitzungen.
Fagen, der Pianist, und Becker, der Gitarrist waren Perfektionisten, wie man so sagt. Viele Studiomusiker schickten sie weg, weil sie ihren Ansprüchen nicht genügten. Ihr Gitarrist sagte, sie hätten die Songs penibel arrangiert, um sie dann noch einmal improvisiert einzuspielen, wodurch sie mehr Leichtigkeit bekämen: one step beyond perfection sei das gewesen. Man weiß ja auch von Miles Davis und Frank Zappa, dass sie ganz unleidliche, strenge Bosse ihrer Musiker waren.
Das ist schon richtig so. Ob lange Haare oder Perücke, der echte Künstler hat seinen Anspruch. Du musst wissen, wie es klingen soll, und darauf arbeitest du hin. Dieses Idealbild hast du im Kopf, und du ruhst nicht, bis das Ergebnis deinen Vorstellungen entspricht. Ab 1974 waren Steely Dan eine reine Studioband, und in dieser Phase ist auch The Royal Scam entstanden, das ziemlich intellektuelle Rockmusik ist. Zuletzt sind Steely Dan 2007 durch die Welt getourt.
Die Stücke muss man hören. Sie haben etwas unglaublich Lässiges, und zwischendrin sprang auch ein Hit heraus wie Rikki Don’t Lose that Number. Auch die Platte Aja ist großartig. Ich vergesse nie ein Studentenfest 1977 in München, in einer jener Schwabinger Wohnungen mit hohen, großzügigen Räumen, und das Fest war fast vorbei, drei Uhr morgens, und wir legten uns in Schlafsäcken auf den Boden. Die Dächer draußen glänzten im Mondlicht, wir waren einfach müde, und dann erklang noch einmal Kid Charlemagne und streichelte uns in den Schlaf.