Verschwommene Ansichten

Mit kurzen Botschaften kann man nur Beifall oder Missfallen äußern, aber kein Thema erschöpfend behandeln. Doch schon damals schienen mir die SMS‘ reizvoll: Man ist gezwungen, eine Aussage zu verdichten, und das könnte sogar poetisch werden. Goethe würde heute sicher auch What’s-apps schreiben, um sich mit Jean Paul am Main zu verabreden oder um Schiller zu sagen, dass er nach Jena komme und am liebsten Weißwein trinke.

Um Treffen abzumachen: perfekt. Für komplexere Diskussionen vielleicht nicht so passend, doch könnten wir uns vorstellen, dass Paul Dirac und Erwin Schrödinger sich über die Quantenphysik austauschten, dass Carnap und Wittgenstein sich gegenseitig philosophische Perlen hinrollen ließen, was später in Buchform zusammengefasst werden hätte können, wenn sich nicht What’s-apps selber löschen würden. Der elektronische Austausch ist nicht für die Ewigkeit gedacht.

Alles geht heute schnell und immer schneller (Jeffrey Sconce schrieb einmal über den »kapitalistischen Missbrauch der Geschwindigkeit«), dauernd heizen Rennradler an mir vorbei, als gälte es, eine Etappe zu gewinnen, und niemand hat Zeit. Wenn’s dann schwierig wird, haben alle nur verschwommene Ansichten zu bieten, und ich biete euch zum Monatsende noch 4 Fotos an, die mein guter Freund gemacht hat mit seinem Blick fürs Surreale.

 

Die Kommentarfunktion ist derzeit geschlossen.