Meine Fish and Frog Bar

Ich muss vor dem Schlafengehen immer noch ein Bierchen trinken und dabei Pfeife rauchen. Zuhause geht das am Schreibtisch. Im Urlaub gibt es entweder einen Balkon oder ich gehe nach draußen und suche mir eine windgeschützte Ecke. In Giovannas Wohnung habe ich für mein Ritual meine »Fish and Frog Bar«. Ich rauche und trinke, und der Frosch und der Fisch schauen mir andächtig zu.

Woher die beiden kommen, weiß ich nicht. Ich glaube, den Fisch hat meine Nichte Franziska gekauft. Der Frosch sieht aus wie eine Großausgabe aus dem Märchen, und der Fisch hat so nette lange Wimpern und rote Lippen, »er« ist sicher eine Frau. Jedenfalls ein schönes Paar. Er ist vielleicht ein bißchen dämlich, aber sie hat Charme.

Treten wir noch ein wenig zurück. Man sieht: Augustiner, mein bevorzugtes Bier aus München, das schon mein Vater trank.

Und noch drei Meter zurück, damit wir die windgeschützte Ecke und das Gesamtbild erkennen.

Erst vor kurzem stieß ich auf eine hübsche Stelle in Alice im Wunderland von Lewis Carroll. Und plötzlich war meine Bar durch die Literatur geadelt und erhöht. Alice steht vor einem Haus (in dem Abschnitt Pig and Pepper), da kommt ein Diener in Livrée und einem Fischgesicht an und klopft, und es öffnet ihm ein Diener mit Froschgesicht, und beide haben sie gepudertes Haar. (Carroll nennt sie Fish-Footman und Frog-Footman.) Der Fischdiener überreicht dem Froschdiener ein riesiges Schreiben und erklärt: »Für die Königin. Eine Einladung der Herzogin, Crocket zu spielen.« Der Froschdiener nimmt den Brief entgegen und wiederholt: »Von der Königin. Eine Einladung an die Herzogin, Crocket zu spielen.«

Der Fischdiener entschwindet, der Froschdiener setzt sich nieder und starrt in den Himmel. Die Tür ist wieder zu. Alice klopft. Es sei sinnlos, zu klopfen, sagt der Frosch, da sie sich auf derselbe Seite der Tür befänden. Wäre sie drinnen, könnte sie klopfen, und er würde sie herauslassen. Aber so? Er wolle hier sitzenbleiben bis morgen. Alice ist ratlos. Bis sie einfach die Tür aufmcht und hineingeht. Die Herzogin empfängt sie und stellte ihr ihre Cheshire-Katze vor, die Pig heißt, Schwein. Und bald geht es zum Crocket-Spiel … Es treten als nächstes auf der March Hare, der Mad Hatter und die Mock Turtle, ich glaube, für Fischdiener und Froschdiener war dann keine Verwendung mehr.

Sie sind jedenfalls nun hier, der Literatur entronnen, und freuen sich, dass sie manchmal Gesellschaft haben. Vielleicht geben sie mir auch den einen oder anderen Einfall ein, wer will das wissen?

 

 

 

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