Der Arzt wider Willen
Das Theaterstück Ein Arzt wider Willen (le médecin malgré soi) wurde am 3. August 1666 in Paris uraufgeführt. Molière bracuhte mal wieder einen Erfolg, um die Kassen seiner Kompanie zu füllen. Das Stück ist die meistgespielte Komödie des unnachahmlichen Autors, der 1672 starb.
Mein etwas zerquetschtes Heftchen mit dem Text des Stücks wurde 1970 in Paris verlegt, 400 Jahre nach der Uraufführung. Das Stück wird eine Farce genannt, und das kann schon sein. Es geht um die Medizin, doch kein Arzt kommt vor. Sganarelle ist einer, der überredet wird, Arzt zu sein.
Am Anfang schlägt Sganarelle seine Frau Martine, und die verspricht, sich zu rächen. Als nun Valère und Lucas auftauchen und einen Arzt für einen fast hoffnungslosen Fall suchen, hat sie einen Einfall. Sie sollten sich an Monsieur Sganarelle wenden, den besten Arzt seiner Zeit. Da er jedoch bescheiden sei, müsse man ihn tüchtig durchprügeln, dann werde er zugeben, Mediziner zu sein. Genial! (Rechts aus meinem Grimms-Märchen-Buch von 1937)
So geschieht es. Sganarelle geht nach den Prügeln mit den beiden mit und trifft den Hausherrn Geronte, der seiner Tochter Lucinde einen von ihr nicht geliebten Mann vorschrieb, worauf Lucinde aufhörte zu reden. Der künftige Bräutigam will, dass Lucinde gesund ist. Sganarelle:
Und wer ist dieser Dumme, der nicht will, dass seine Frau stumm ist? Hätte es doch Gott gefallen, meine Frau mit dieser Krankheit zu segnen! Ich würde mich hüten, sie heilen zu wollen.
Das sagt er in der Szene, in der ihn Geronte vor die Kranke führt. Sie solle bloß nicht sterben, klagt der Vater. Sganarelle:
Dass ihr das bloß nicht einfällt! Sterben darf sie nicht ohne Anordnung des Arztes!
Und etwas später sagt er über ärztliche Fehler:
Irrtümer gibt es bei uns nicht; es bleibt immer die Schuld dessen, der stirbt. Das Gute an unserer Profession ist ja, dass es unter den Toten eine große Ehrbarkeit gibt, eine Diskretion, die nicht größer sein könnte; niemals hat man von einem gehört, der sich über einen Arzt beschwert hätte, er habe ihn getötet!
Traumhaft fand ich eine Szene aus dem brasilianischen Film Astral City (Nosso Lar) von 2010, der uns im Dezember beschäftigen wird. Der Arzt André Luiz starb nach einer Operation und wird im Jenseits schön empfangen. Er soll im Bus zu einem Vortrag fahren, da spricht ihn eine Frau an:
Doktor Luiz, erinnern Sie sich an mich, ich bin Amelia, Sie haben mich mit meinem Mann empfangen und nach der Sprechstunde immer mein Magenleiden behandelt — und nichts dafür verlangt!
Dr. Luiz: Ah ja, stimmt. Ist es besser geworden?
Amelia: Nein, ich bin tot, aber es geht mir gut.
Sganarelle trifft Léandre, den Lucinde liebt, und er verkleidet ihn als Apotheker, lässt sich von ihm zum Krankenbesuch begleiten. Rasch wird Lucinde wieder gesund und deckt ihren Vater mit Vorwürfen ein. Sie redet und redet, er kommt nicht zu Wort und ruft bald Sganarelle zu, er möge sie wieder stumm machen. Der Arzt wider Willen meint, allerhöchstens könne er ihn taub machen.
Jedenfalls hält Geronte Lucindes Weigerung, Horace zu heiraten, für eine Geisteskrankheit. Ob man die nicht heilen könne? Sganarelle holt Léandre und schickt ihn und Lucinde in den Garten. Doch beide verschwinden und verheiraten sich; Geronte will Sganarelle hängen lassen, doch dann kommt Léandre, der gerade eine Menge Geld geerbt hat: Geronte schließt ihn deshalb in die Arme. Auch Sganarelle und Martine versöhnen sich.