Antarktis
Weil’s so schön passt, nun ein Beitrag über den sechsten Kontinent, der von Wasser im eisigen Aggregatszustand gebildet wird: die Antarktis, offiziell Antarktika. Sie ist mit 14 Millionen Quadratkilometern größer als Europa (10 Millionen) und Amerika (9,4). Auf einem Plateau 3000 Meter über dem Meer liegt der Südpol. Noch bis 23. März steht in der Antarktis die Sonne am Himmel, dann wird es bis zum 21. September dunkel sein.
Kürzlich erhielt ich die Zeitschrift Scienza e Cultura nel Mondo (Heft Mai/August 2021), in der Maria Luisa Felici über die Antarktis schrieb. Das nahm ich zum Anlass, mir gleich die Sendung Antarktis von Parts Unknown anzuschauen, die am 4. Juni 2017 ausgestrahlt wurde. Anthony Bourdain und sein Team waren auf dem sechsten Kontinent, dem südlichsten des Planeten. Von seinen Küsten ist Südamerika 950 Kilometer entfernt und Afrika 3600 Kilometer. Am 12. Februar 1990 waren übrigens Reinhold Messner und Arved Fuchs nach 92 Tagen am Ziel: Sie hatten den Kontinent zu Fuß durchquert.
In der McMurdo-Station leben derzeit noch 1700 Menschen, fast alle amerikanische Wissenschaftler und Mitarbeiter. Im Winter, also bald, harren dann nur noch 150 Menschen dort aus. Dann wird es noch kälter als sonst schon.An Tieren gibt es ein paar Insektenarten, die Pinguine, Zugvögel, Seehunde und etwas Meeresfauna.
Die Polkappe stellt einen immensen Gletscher dar, der im Durchschnitt 2 Kilometer breit ist und die Antarktis bedeckt, die deshalb mit 2300 Metern über Meer der höchstgelegene aller Kontinente ist. Der höchste Berg ist das Vinson-Massiv mit 4892 Metern über dem Meer, der niedrigste die Bentley-Höhle mit 2538 Metern unter dem Meer. Man kann die Antarktis als Süßwasserspeicher sehen, als den größten des Planeten, denn 70 Prozent allen auf der Erde vorhandenen Wassers ist in der kontinentalen Polkappe gefroren vorhanden. Die Temperaturen erreichen oft minus 76 GradCelsius, aber auch schon minus 90 wurden gemessen.
Bourdain und sein Team flogen mit dem Flugzeug ein. Ich erinnere mich noch an die Worte seines Kameramanns, der sagte, diese Reise mache man nur einmal im Leben; sie sei unvergesslich gewesen. Nur weiße Schneeflächen; dann die Hütten der McMurdo-Station, in der auch gut gegessen wird. Alles Nötige wird mit dem Hubschrauber herbeitransportiert; der Müll wird mit ihm fortgebracht (auch die menschlichen Exkremente). Irgendwann schritt Tony dann aus, klagte über die schreckliche Kälte und erreichte den Glasballon, der symbolisch den Südpol darstellt, den Amundsen 1911 erreichte, Scott aber nicht.
Manche der Mitarbeiter (auch viele Frauen sind darunter) kommen seit vielen Jahren. Ende März reisen sie ab, um im August wiederzukommen. Alle arbeiten gern im Team und an einer gemeinsamen Aufgabe. Das CNN-Team in seinem Film pries die Wissenschaftler für ihren Einsatz beim Faktensammeln. Doch Sorge sollte die weltweite Erwärmung machen. Die Welt hat gegenüber der vorindustriellen Zeit um 1,1 Grad höhere Temperaturen. In der Arktis betrug der Anstieg von 1971 bis 2019 sogar 3 Grad. Sie ist ja der Gegenpol der Antarktis und hat den Nordpol zu bieten.
Auch in der Antarktis werden Rekordtemperaturen gemessen. Am 6. Februar 2020 war es dort so warm wie in Los Angeles: 18 Grad plus. In 30 Jahren schmolz (bis 2020) so viel Eis, dass der Meeresspiegel um 7 Millimeter anstieg. Wenn alles Eis in der Antarktis schmölze, würde der Meeresspiegel um 58 Meter ansteigen. Einige Veränderungen, etwa das Schmelzen einiger Schelfeis-Gebiete, sind bereits heute irreversibel.
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Dazu passt ein schönes Märchen von Manfred Kyber, Schlafittchen, das leider im Gutenberg-Projekt nicht angeboten wird. Schlafittchen ist eine Eisseele auf dem Gletscher, aber innerlich ein wenig wärmer als die anderen. Es sehnt sich nach Kühen und Alpenrosen. Eines Tages wandert Schlafittchen davon, kommt in wärmere Gefilde – und schmilzt. Schlafittchen wird zur Pfütze, die dann auch noch verdunstet. Später taucht sie wieder bei ihren Freunden auf und berichtet ihnen:
Ich habe so viel erfahren an einem Tage. Es ist alles sehr wunderbar und gar nicht schlimm. Man war so, und man wird anders, aber man lebt immer, im Eis und in der Pfütze und in der Wolke, im Sonnenlicht und im Blitz und Donner. Es ist der Kreislauf des Lebens, und wir alle wandern ihn.