Einsamkeit
Der Sommer war lang und heiß. Bei mir wird links der Supermarkt gebaut, abends sägt oder hämmert immer irgend jemand, und alle, die sich im Winter verkrochen hatten, waren nun auf den Balkonen und plauderten. Darum wieder einmal Krishnamurti mit seinen feinen Beobachtungen aus den Notebooks Commentaries on Living. Wo könnte man völlig einsam leben?
»Die Regenfälle hatten den Himmel reingewaschen; der Dunst, der überall hing, hatte sich verzogen, und der Himmel war nun klar und intensiv blau. Die Schatten waren scharf und tief, und oben auf dem Hügel erhob sich senkrecht nach oben eine Rauchsäule. Irgendetwas verbrannten sie da oben, und du konntest ihre Stimmen hören. Das kleine Haus befand sich auf einem Abhang, war aber gut abgeschirmt und hatte sogar einen kleinen eigenen Garten, der mit liebender Sorgfalt gepflegt worden war. Doch an diesem Morgen war es Teil des ganzen Lebens, und die Wand um den Garten herum schien so unnötig. Kletterpflanzen wuchsen an jener Wand und verbargen die Felsen, aber hier und da waren sie doch zu sehen; es waren schöne Felsen, von vielen Regenfällen gewaschen, und graugrünes Moos wuchs auf ihnen. Hinter der Wand lag die Wildnis, aber irgendwie gehörte die Wildnis zum Garten.
Vom Gartentor führte ein Pfad zum Dorf, wo eine verfallene alte Kirche mit einem Friedhof lag. Nur wenige Menschen kamen zu der Kirche, auch an Sonntagen, vor allem die Alten; und die Woche über kam niemand, da das Dorf andere Möglichkeiten bot, sich zu amüsieren. Eine kleine Diesellokomotive mit zwei Wagen, einer cremefarben, der andere rot, fuhr zwei Mal am Tag in die größere Stadt. Der Zug war fast immer gefüllt mit einer fröhlichen, schwatzenden Menge. Hinter dem Dorf führte ein weiterer Pfad herum nach rechts und ging sanft den Hügel hinan. Auf jenem Pfad konntest du manchmal einen Bauern treffen, der etwas schleppte und dich mit einem Grunzen vorbeiließ.
Auf der anderen Seite des Hügels führte der Pfad hinunter in einen dichten Wald, den die Sonne nie durchdrang; und aus dem blendenden Sonnenlicht in den kühlen Schatten des Waldes zu gehen war wie ein geheimer Segen. Niemand schien diesen Weg zu benutzen, und der Wald war verlassen. Das dunkle Grün des Blattwerks war erfrischend für die Augen und den Geist. Man saß hier in völliger Stille. Sogar die Brise war eingeschlafen; nicht ein Blatt bewegte sich, und es herrschte jene seltsame Ruhe, die es an Orten gibt, die nicht von menschlichen Wesen aufgesucht werden. Ein Hund bellte in der Ferne, und ein brauner Hirsch querte mit anmutiger Leichtigkeit den Pfad.«