Trump: das erste halbe Jahr
Der Journalismus zieht ja gern Bilanz nach 100 Tagen, weil er zahlenfixiert ist und die 100 eine schön runde Zahl ist. Ich hatte auf manipogo grade den 20. Juli frei, also exakt 6 Monate nach Donald Trumps Amtseinführung, und so will ich kurz darüber nachdenken, was dazu zu sagen wäre. Sehr viel Freude macht das allerdings nicht.
Trump und seinen Republikaner-Freunden ist es gelungen, in einem halben Jahr das Image der freien, gastlichen, großzügigen Vereinigten Staaten von Amerika gründlich kaputtzumachen. Doch allmählich erhebt sich Protest; die Guten im Land sind aus ihrer Schockstarre erwacht, außerdem dringen immer mehr schlimme Meldungen durch.
In der Außenpolitik hat Trump nicht viele Erfolge vorzuweisen. Israel hat die USA fast in einen Krieg hineingezogen, der Ukraine-Krieg ist nicht beendet, zudem behandelte der US-Präsident Grönland und Kanada miserabel und wies Europa zurecht. Er führte sich auf wie ein Elefant im Porzellanladen, und viel Geschirr ist schon zerschlagen worden.
Schlimm waren Trumps Amnestien. Die Gewalttäter vom Sturm aufs Kapitol am 6. Januar 2021 zu begnadigen war ein Schlag ins Gesicht der Justiz; dann ließ er auch noch Leute, die den Staat und andere um Millionen betrogen, straffrei ausgehen. Wenn Straftäter davonkommen, weil sie dem Herrscher sympathisch sind, wankt das Fundament eines Rechtssstaats.
Für Trump ist ja vieles kommunistisch oder linksradikal, also übt er Druck aus auf die Universitäten und die Kunsteinrichtungen. Druck heißt: Gelder streichen. Trump ging den Umbau des Staates an: Er soll wieder so aussehen wie früher: weiß, autoritär, primitiv. Dass sich ein einfacher texanischer Mann wohl fühlt in ihm. In dieser Schärfe hatte man das (trotz Nixon und Reagan) noch nie gesehen. Ade Freiheit!
Übel sind die Umtriebe des ICE, der Einwanderungsbehörde, und das E steht für Enforcement. Das bedeutet Erzwingung. Jeder Tyrann findet willige Helfer, die gern auf der Seite der Macht stehen. Auch der Nationalsozialismus baute auf zu kurz gekommene Männer aus der Unterschicht, die die SS bevölkerten. Die ICE-Leute tragen Sonnenbrillen und manchmal Masken, fühlen sich toll, müssen aber eine Quote erfüllen: 3000 »Illegale« pro Tag. Darum machen sie Razzien an vielen Orten, sperren Leute ein und schicken sie mit dem Flugzeug weg. Es herrscht Furcht unter den 15 Millionen »Illegalen« in den USA, die ja die Arbeiten verrichten, für die sich Amerikaner zu schade sind. Also verstecken sie sich, und ihre Angehörigen warten vergeblich auf ihre Überweisungen. Das stürzt viele im Ausland ins Elend.
Noch schlimmer war die Zerstörung von USAID. Man rechnet damit, dass weltweit 14 Millionen Menschen, darunter viele Kinder, in den nächsten Jahren sterben werden. weil die amerikanischen Entwicklungshilfe-Gelder für viele Maßnahmen fehlen. 70 Milliarden Dollar fehlen! Die westlichen Staaten aber sind auch sparsam: Der Satz von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens war 1970 vereinbart worden, doch im Durchschnitt werden nur 0,3 Prozent ereicht. Die Armen sind uns egal. Aber Rüstung, da will man vorn dran sein, denn man hat Angst. 5 Prozent! Der Spanier, der das als einziger nicht wollte, stand abseits der Politiker-Phalanx wie ein Verbrecher.
Dann kam dieses unselige Gesetz, the Big Beautiful Bill, und die Republikaner in Senat und Repräsentantenhaus, die es genehmigt haben, sollten sich bis an ihr Lebensende dafür schämen. Medicaid wird in den kommenden 10 Jahren um 880 Milliarden gekürzt, das sind 12 Prozent des Gesamtvolumens. Das meiste kommt zwar von den Bundesstaaten, doch die Gelder von Washington fehlen. Viele ländliche Krankenhäuser sind finanziell am Limit, viele werden schließen müssen. Instagram berichtet von einem Ort in Nebraska mit 74 Prozent Trump-Wählern, dessen kleine Klinik schließen muss. Dann gehen bald auch die Ärzte fort.
10 Millionen Menschen werden bis 2029 ohne Versicherung dastehen. Werden sie schwer krank, werden sie dennoch behandelt, doch das Krankenhaus sieht kein Geld. Bis 2029 könnten 1,2 Millionen Jobs im Gesundheitswesen wegfallen. Die Einsparungen werden von den Folgen aufgefressen. Obendrein wächst die Steuerlast für die ärmsten 10 Prozent im Jahr je um 1600 Dollar, während die 10 Prozent ganz oben durchschnittlich 12.000 Dollar im Jahr weniger entrichten müssen. Es ist ein Feldzug der Reichen gegen die Armen. Konfrontation statt Kooperation. Das ist kein Rezept für die Zukunft.
Die Billion, die man an den Armen sparte, geht in Rüstungskäufe, fließt in »größenwahnsinnige« (t-online) Projekte und an die ICE. 75 Milliarden für sie, 45 für neuere, größere Lager. Derzeit sind 58.000 Menschen inhaftiert, und es sollen 100.000 werden. Das ICE ist eine große Gefahr. So entsteht ein Polizeistaat: Indem eine finstere Behörde aufgebaut wird, die nun sogar US-Bürger ins Visier nehmen darf. Regimegegner und unbequeme Agitatoren kann man so wegsperren.
Das ist nach 6 Monaten die Bilanz des schlimmsten US-Präsidenten aller Zeiten, der Kummer und Sorgen über Millionen Menschen gebracht hat und bringen wird. Ein Alptraum.