Manches Opfer
Instagram zeigt manchmal Trgödien des Lebens, und das kommt bei mir ebenso an wie vor 25 Jahren, als ich am Anfang von Mörderisches Rom einige Verkehrsunfälle mit tödlichen Opfern zitierte. Es passiert immer noch viel zu viel auf unseren Straßen, vor allem in Italien und den Vereinigten Staaten. Unermessliches Leid wird verursacht. Es wird gerast und es wird achtlos gefahren.
Ich erinnere mich nicht gut, aber da waren zwei blutjunge Spitzensportlerinnen, die irgendwo im Nordwesten Italiens getötet wurden. Ein Bus biegt nach rechts ab und erwischt eine Radfahrerin, und in Triest wurde eine 17-Jährige auf dem Zenbrastreifen – unterwegs zum Schulbus – von einem jungen Fahrer angefahren und weggeschleudert. In Deutschland war einer in der 30-er Zone mit 100 unterwegs und rammte ein 12-jähriges Mädchen auf dem Fahrrad. Oder junge Männer liefern sich Autorennen.
Das wird bedauert, und man tut nichts dagegen. Viele dieser Unfälle sind auf männliche Aggressivität zurückzuführen. Wie sie ihre Autos lieben! Und schnell zu fahren ist der ultimative Beweis von Männlichkeit. Eigentlich müsste man Spots schalten und darlegen, dass es verantwortungslos ist, zu rasen; dass man andere in Lebensgefahr bringt, dass das nichts mit Power und Energie zu tun hat. Freilich sind auch manchmal die jungen Fahrer selber schuld, weil sie über- und ihr Tempo unterschätzen. »Selbstunfall« nennt das der Schweizer.
Aber nichts passiert. An die Verkehrsopfer hat man sich gewöhnt, auch wenn es nicht mehr so viele sind wie vor Jahrzehnten noch. Die Fußgänger und Radfahrer sind immer die Schwächeren. Sie haben keine Chance gegen die heutigen Zwei-Tonnen-Fahrzeuge. Gut, an Autobahnbrücken steht zuweilen, man solle Raser der Polizei melden. Doch was hilft das gegen den Wahn, sich in den Sozialen Medien als toller Hecht darstellen zu wollen, der auf einer deutschen Autobahn 220 fährt.
Die Polizei hat auch schon resigniert. Anfang Oktober hielt mich in Müllheim eine Patrouille an, abends um 20 Uhr. Der junge Polizist wollte meinen Führerschein sehen. Dann fragte er: »Warum sind Sie so langsam gefahren? Zwischen 60 und 70. Sie behindern den Verkehr.« (Dabei war nur eine Handvoll Autos unterwegs.) »Auf der B3 können Sie 100 fahren«, sekundierte der zweite. Und immer mit diesen unverschämten versteckten Drohgebärden. Ich gab an, in der Nacht selten zu fahren, ich sei da etwas unsicher. »Dann fahren Sie eben nicht«, sagte der zweite, ziemlich pampig.
Die Polizei will also auch Tempo, und überall zu wenig Zeit, Dynamik, voll Stoff, man verwechselt das mit Leidenschaft und Zielbewusstsein. Auf vielen Straßen wird zu schnell und zu riskant gefahren. Im Oktober kam einmal einer aus der Seitenstraße; er konnte kaum warten, bis ich vorbei war, biegt ein, dreht den Motor hoch und beschleunigt, dann im Kreisverkehr links: ein junger Idiot von einer Handwerksfirma.
Doch es hat keinen Sinn, das noch weiter auszuführen; ich fahre weiter 80 auf Landstraßen und bleibe auf der Autobahn lieber auf der rechten Spur. Ich bin ja Rentner und Ex-Volvo-Fahrer, das sind die Zeitlupen-Tiere im Verkehr. Wir achten das menschliche Leben.
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Auf Instagram liest man schlimme Sachen über Autounfälle in den USA. Hier 7 Tote, da 4, es scheinen eine Menge bekiffte und alkoholisierte Fahrer mit hohem Tempo unterwegs zu sein. Meistens Männer: Hit-and-Run-Fahrer, die Head-on-Collisions verursachen. Da könnte man die Polizei mobilisieren und staatenweit mit Härte die Verkehrsdisziplin durchsetzen. Aber diesem Präsidenten sind die Menschen egal. Er hat auch Gelder für Radwege und Fußwege gestrichen, denn sie seien »feindlich (hostile) dem Verkehr gegenüber«. Das hatte man gar nicht anders erwartet. Trump will alles zertrümmern, was uns Liberalen am Herzen liegt.
In Italien geht es ja auch wild zu. Am 24. Oktober waren zwei Mädchen im Mini-Cooper auf der Via Cristoforo Colombo nach Rom unterwegs, als sie von einem schnellfahrenden BMW bedrängt wurden, der angeblich von einem anderen BMW verfolgt wurde, und angebich sollen sie im Zickzack gefahren sein. Irre. Der erste BMW rammte den Mini, der an einem Baum zerschellte. So starb Beatrice Bellucci, 20 Jahre alt und wunderschön. Sie spielte Volleyball und studierte Jura, um Anwältin zu werden. Hatte ein ganzes langes Leben vor sich. Ein Jammer.
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